BRANCHENSTRATEGIE 2030
Kommunikationsdefizite
Die Pluskühlung mit ihrem umfangreichen Milchangebot ist das Herz der Vollsortimenter
ebenso wie der Discounter. Die an der täglichen Anlaufstelle der Kunden angebotenen Artikel
überzeugen seit Jahren mit Vielfalt, trendigen Innovationen und natürlichen Zutaten.
Das Image der Milch braucht ein Update.
Das ist gerade jetzt am Tempo der konkurrierenden,
pflanzlichen Drinks auszumachen.
Die Initiative Milch tritt an, um für die
Milch zu sprechen und Verbraucher neu zu begeistern.
Getragen durch die Branchenstrategie
2030 der deutschen Milchwirtschaft bereitet
die Branche derzeit eine Kommunikationsoffensive
vor. Was kommt und was die Ziele sind,
beantwortet uns Kerstin
Wriedt, Geschäftsführerin
der Initiative Milch mit Sitz in Berlin.
Milch-Marketing: Frau Wriedt, ist die
Milch in die Jahre gekommen?
Kerstin Wriedt: Milch ist jeden Tag frisch,
Milch und Milchprodukte sind in fast jedem
deutschen Haushalt Teil der täglichen Ernährung
– aber in der Kommunikation muss sie
aufschließen an die Mediennutzung und das
Informationsverhalten der jungen Zielgruppen.
Da ist sie emotional nicht mehr so verankert
wie in den älteren Zielgruppen.
„VORURTEILE,
MYTHEN,
HALB- UND
UNWAHRHEITEN
PRÄ-
GEN DERZEIT
DAS BILD DER
MILCH. WIR
WOLLEN DAMIT
AUFRÄUMEN
UND DIE
WERTSCHÄTZUNG
FÜR
MILCH WIEDER
STEIGERN.“
Milch-Botschafterin
Kerstin Wried
Die Initiative, für die Sie jetzt tätig sind,
will Verbraucher erreichen und informieren.
Worüber?
Trotz der hohen Konsumzahlen sind die Milch
und ihre Vorzüge in der öffentlichen Wahrnehmung
zuletzt etwas zu kurz gekommen.
Teilweise bestimmen Vorurteile, Mythen,
Halb- und Unwahrheiten das Bild – vor allem
im Internet. Dem will die Initiative jetzt mit
Fakten entgegentreten. Gerade die junge
Zielgruppe interessiert sich immer mehr für
die Produktionsbedingungen von Lebensmitteln
und Waren. Darauf wollen wir eingehen,
mit jungen Leuten und Familien in den Dialog
treten und transparent und selbstbewusst zeigen,
was die Milch alles kann.
Etwa die Hälfte der gemolkenen Rohmilch
landet in Milchprodukten, die wir im Lebensmittel
Einzelhandel kaufen. In fast allen
Kategorien ist aktuell ein Wachstum
zu verzeichnen. Was treibt Sie an?
Umsatz ist das eine, öffentliche Wahrnehmung
und Image das andere. Hier hat die Milch lange
das Feld anderen überlassen. Ich sehe jedoch
großes Potenzial in der Fankurve der Milch.
Über 90 Prozent der Haushalte haben Milch
und Milchprodukte wie gesagt im Kühlschrank.
Wenn wir die ansprechen und mitnehmen,
können wir für die Wertschätzung der Milch
und der Menschen dahinter viel erreichen.
Sie haben die pflanzlichen Drinks erwähnt:
Die sind aktuell sehr laut. Nicht zuletzt, weil
Medien ihnen diesen Raum geben. Die Zahlen
deuten darauf hin, dass es – außerhalb
der circa drei bis vier Prozent veganen Haushalte
– ein Nebeneinander der Drinks und der
Milchprodukte gibt. Flexitarier entdecken hier
eine neue Kategorie für sich. Wir wollen das
Momentum nutzen, um unsere Innovationsthemen
und den Mehrwert in der täglichen
Ernährung einzubringen.
Weltmärkte und Handel drücken bekanntlich
die Milchpreise. Verbraucher schätzen
Milcherzeugnisse, aber auch günstige
Preise.
Wie ließe sich höhere Wertigkeit vermitteln?
Die Initiative Milch legt den kommunikativen Fokus
darauf, die Wertschätzung für Milch zu steigern.
Wir wollen zeigen, was die Milch alles kann
und den Blick in die Branche ermöglichen. Gerade
die jungen Verbraucher konsumieren sehr
bewusst und achten zum Beispiel auf Regionalität
und Klimabilanz. Diese Themen werden wir auf
unseren digitalen Kanälen beleuchten, unsere
Expertise einbringen und die Menschen hinter
der Milch zeigen. So schaffen wir ein Bewusstsein
für die Hochwertigkeit von Milch und Milchprodukten.
Wo diese Mehrwerte vermittelt werden,
ist auch Zahlungsbereitschaft zu erwarten.
Tierwohl, Klima- und Umweltschutz sind kritische
Themen, die auch die Milchwirtschaft
tangieren. Was muss hier getan werden?
12 Milch-Marketing • 0 8/2021