PRODUKTE MIT MEHRWERT
Kaufentscheidungen werden immer
komplexer. Verbraucher machen sie
zunehmend davon abhängig, ob etwa Rohstoffgewinnung
sowie Herstellungsprozesse
transparent und umweltschonend sind,
das Produkt aus natürlichen und qualitativ
hochwertigen Zutaten besteht oder einen
Zusatznutzen, meist einen gesundheitlichen,
besitzt. Diesen besagten extra Nutzen setzen
Hersteller aus der Milchwirtschaft ganz
unterschiedlich um: Einerseits werden Produkte
mit erwünschten Inhaltsstoffen wie
Proteinen, Vitaminen oder Ballaststoffen positiv
aufgeladen, andererseits wird durch die
Reduzierung bestimmter Inhaltsstoffe, zum
Beispiel Fett, ein Mehrwert erzielt. Außerdem
sollen Produkte durch das Anreichern
mit besonderen Zutaten wie Superfoods zusätzlich
nützlich sein.
Neben der Bezeichnung Superfoods tauchen
schnell Begriffe wie Functional Foods
oder Novel Foods auf, wenn es um das Thema
Zusatznutzen bei Lebensmitteln geht.
Eine Abgrenzung ist jedoch nicht möglich,
da mit Ausnahme bei den Novels Foods keine
eindeutigen Definitionen existieren. Vielmehr
passen viele Lebensmittel in mehrere
Kategorien. Zum Beispiel zählen Chiasamen
zu den Novel Foods, werden als Functional
Foods gewertet und ganz sicher auch als Superfoods
aufgrund des aktuellen Trends.
FUNCTIONAL FOODS
Für Functional Foods – funktionelle Lebensmittel
– gibt es europaweit (noch) keine
einheitliche Definition. Im allgemeinen Verständnis
handelt es sich um Lebensmittel mit
einem zusätzlichen funktionellen Nutzen,
der über den Ernährungszweck hinausgeht
und die Gesundheit positiv beeinflusst. Im
weiteren Sinne werden inzwischen aber
auch Lebensmittel wie Energy-Drinks mit
wachmachenden Zutaten wie Koffein zu den
funktionellen Lebensmitteln gezählt. Grund
für die gesundheitsfördernden Eigenschaften
sollen zugesetzte Inhaltsstoffe sein, bei
Milchprodukten in erster Linie Vitamine,
Mineralstoffe, Ballaststoffe, probiotische
Milchsäurebakterien und sekundäre Pflanzenstoffe.
Größte Marktbedeutung im Bereich
der funktionellen Lebensmittel haben
sicherlich die probiotischen Milcherzeugnisse,
Was sind Novel Foods?
Im Allgemeinen können Lebensmittel im Rahmen der lebensmittelrechtlichen Bestimmungen
ohne vorherige Zulassung in den Verkehr gebracht werden. Eine Ausnahme
bilden die neuartigen Lebensmittel (Novel Foods). Sie unterliegen EU-weit einheitlichen
Regelungen, um einerseits ein hohes Niveau beim Schutz der Gesundheit des Menschen
zu erreichen und andererseits ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts zu ermöglichen.
Daher müssen neuartige Lebensmittel einer gesundheitlichen Bewertung unterzogen
werden, bevor sie in Verkehr gebracht werden dürfen. Geregelt ist dies in der
Novel Food-Verordnung (EU) 2015/2283.
Neuartige Lebensmittel sind Lebensmittel, die zum einen vor Mai 1997 in der EU noch
nicht gegessen wurden und zum anderen einer von zehn Kategorien neuartiger Lebensmittel
zugeordnet werden können. Diese zehn Kategorien umfassen zum Beispiel Lebensmittel
mit einer neuen oder gezielt veränderten Molekularstruktur oder bestimmte Pflanzen,
Tierarten, Mikroorganismen oder Algen. Beispiele für Novel Food sind Pflanzensterine,
die zum Beispiel Margarine zugesetzt werden, aber auch Chiasamen oder Noni-Saft. Nach
der Novel-Food-Verordnung sind Hersteller selbst verpflichtet zu prüfen, ob ein Lebensmittel
neuartig ist. (Quelle: u.a. Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit)
mit denen Mitte der 1990er Jahre der
Startschuss für diesen Markt fiel.
Für Hersteller funktioneller Lebensmittel ist
unbedingt die Health-Claims-Verordnung
der EU zu beachten. Sie regelt, dass Produkte
nicht mit falschen oder irreführenden
Gesundheitsversprechen beworben werden
dürfen. Einige funktionelle Lebensmittel fallen
zudem in andere rechtliche Gebiete, zum
Beispiel mit Pflanzensterinen angereicherte
Fette, deren Vermarktung durch die Novel-
Food-Verordnung der EU geregelt ist.
PROBIOTIKA
Seit ziemlich genau 25 Jahren erobern probiotische
Milchprodukte, vor allem Joghurts
und Milchdrinks, erfolgreich den deutschen
Markt. Der Begriff „probiotisch“ stammt
aus dem Griechischen und bedeutet „für das
Leben“. Probiotische Milchprodukte enthalten
lebende Mikroorganismen – bestimmte
Bakterienstämme von Laktobazillen und
Bifidobakterien –, die in aktiver Form in
den Darm gelangen und dort die Darmflora
positiv beeinflussen können. Gegen Durchfallerkrankungen
können sie helfen, wenn
sie regelmäßig verzehrt werden. Darüber
hinaus werden vielfältige Wirkungen, zum
Beispiel auf das Immunsystem, untersucht.
Die umsatzstärksten Probiotika im deut-
Die Health Claims-
Verordnung
Seit 2007 regelt die Health Claims-Verordnung
(EU-Verordnung 1924/2006),
dass Angaben zu besonderen Lebensmitteleigenschaften
nicht willkürlich erfolgen.
Sie legt fest, ob und wie nährwert- und
gesundheitsbezogene Angaben gemacht
werden dürfen. Nährwertbezogene
Angaben beschreiben besondere Nährwerteigenschaften
von Lebensmitteln,
zum Beispiel seinen Energiegehalt oder
den Gehalt an Nährstoffen oder anderen
Stoffen wie „fettarm“, „zuckerfrei“,
„reich an Vitamin C“. Mit gesundheitsbezogenen
Angaben wird ein Zusammenhang
zwischen dem Produkt beziehungsweise
seinen Bestandteilen und der
Gesundheit hergestellt – zum Beispiel
„Calcium wird für die Erhaltung normaler
Knochen benötigt“, „Ballaststoffe tragen
zu einer normalen Darmfunktion bei“.
Alle Angaben müssen wissenschaftlich
fundiert und für Verbraucher verständlich
formuliert sein. Hersteller dürfen
nur die zugelassenen Angaben auf ihren
Verpackungen verwenden. (Quelle: u.a.
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft)
46 Milch-Marketing • 10/2021