VE-MARKETING SPEZIAL
Laktoseintoleranz, vegane Ernährung, Gesundheits- und Ernährungsbewusstsein,
Umwelt, Tierwohl – der Anteil der Konsumenten,
denen diese Aspekte wichtig sind, steigt und treibt die Nachfrage
nach pflanzlichen Milchalternativen in die Höhe. Einen Halt vor
der Mopro-Branche und dem „Guten aus der Milch“ macht dieser
Trend nicht. Immer mehr Milch- und Käsealternativen kommen in die
Regale des deutschen Lebensmitteleinzelhandels und auf die Tische
der Gastronomie.
Betrachten wir den Markt weltweit, sind die sogenannten Dairy Alternatives
schon lange auf dem Vormarsch und stehen für Umsätze in
zweistelliger Milliardenhöhe. Gemessen am Milchkonsum der Deutschen,
ist die Dynamik der pflanzlichen Alternativen bei uns vergleichsweise
noch gering – aber dennoch bemerkenswert. Nach Angaben des
Bundesinformationszentrums Landwirtschaft (BZL) verbrauchten die
Deutschen im Jahr 2019 mit insgesamt 4,1 Millionen Tonnen weniger
Konsummilch und der rückläufige Trend beim Pro-Kopf-Verbrauch lag
mit 49,5 Kilogramm erstmals unter 50 Kilogramm. Für den Rückgang
im Konsum gebe es mehrere Gründe, zeigt der Milchindustrie-Verband
(MIV) in Berlin auf: der demografische Wandel, die abnehmende Bedeutung
des Frühstücks, Debatten über die Gesundheitsnachteile der
Milch, aber auch die steigende Nachfrage und das damit einhergehend
wachsenden Angebot von pflanzlichen Milchalternativen sind nicht
mehr zu vernachlässigen. So bestätigte Peter Stahl, Vorsitzender des
MIV, bei einem Pressegespräch anlässlich der Grünen Woche 2020:
„Wir merken natürlich, dass sich das auf unseren Absatz auswirkt. Die
technologische Entwicklung wird genau verfolgt und theoretisch hätten
die Molkereien die Voraussetzungen, auch eigene Pflanzendrinks auf
den Markt zu bringen.“
Gesagt getan – Milchtradition und neue Trends bei den Konsumenten
müssen sich nicht im Wege stehen. So brachte die Genossenschaftsmolkerei
Schwarzwaldmilch in 2020 unter der neuen Marke Velike
vegane Haferdrinks auf den Markt. Dafür wurde die Tochterfirma
Black Forest Nature GmbH gegründet. Die Privatmolkerei Bauer in
Wasserburg launcht eine komplett neue Produktsparte unter dem
Label Grünkraft und bietet ab Februar 2021 rein pflanzliche Joghurt-
und Käsealternativen im Lebensmittelhandel an.
Diese Beispiele zeigen, dass die Milchbranche die Dairy Alternatives
nicht mehr nur als Konkurrenz sieht. Ein schlauer Schachzug, denn
die zunehmenden Listungen von Milchalternativen im Lebensmitteleinzelhandel
gehen eben doch zum Teil zu Lasten von Molkereiprodukten,
trotz aller Innovationskraft mit der unsere Mopro-Branche
daherkommt. Eine repräsentative Umfrage unter mehr als 2.000
Verbrauchern in Deutschland im Auftrag von TÜV SÜD zeigt, dass
die Hälfte der Befragten aktuell keine pflanzlichen Alternativen zu
Milch und Milchprodukten konsumiert. Jedoch 29 Prozent tun dies
gelegentlich, neun Prozent häufig. Und vier Prozent geben an, Kuhmilch
derzeit vollständig durch pflanzliche Alternativen zu ersetzen.
Von den Befragten gab jeder Vierte an, den Konsum pflanzlicher
Milchalternativen künftig steigern zu wollen, dabei aber nicht auf
Milch und Milchprodukte aus Kuhmilch verzichten zu wollen. Etwa
fünf Prozent der Befragten plant künftig, komplett auf Kuhmilchprodukte
zu verzichten.
Der Markt boomt. Die Nachfrage nach pflanzlichen Alternativen zu
Milch, Joghurt, Sahne, Butter und Eiscreme steigt. So sagt auch Vly,
ein Berliner Start-up, das bisher erfolgreich einen Erbsendrink herstellt,
selbstbewusst: „Wir wollen die Zukunft von Milchprodukten sein
und werden alle Produktkategorien entwickeln. Für 2021 stehen einige
Produkteinführungen an. Besonders aufregend wird unser erster
Schritt in die Frische: Joghurt, Quark und weitere Milchprodukte.“
Laut Nielsen konnten die Handelsumsätze für alternative Milchgetränke
zwischen August 2019 und August 2020 um 47 Prozent zulegen und
liegen damit weit über den 2019 weltweit prognostizierten Zuwachsraten
von jährlich knapp zehn Prozent. Die pflanzlichen Milchalternativen
verlassen selbstbewusst und mit großen Schritten den Nischenmarkt
und bieten enorme Wachstumspotenziale für die Hersteller. Das Müsli
wird mit veganen Milchalternativen genossen, backen mit eben diesen
wird auch immer beliebter, die asiatische und cross over Küche nutzen
Pflanzendrinks, Sojajoghurt & Co. sowieso schon lange und selbst Kaffee
mit Pflanzendrinks erobert die Gaumen.
So standen wir noch vor einigen Jahren im Coffeeshop nur vor der
Herausforderung uns zwischen Kuhmilch, der fettarmen Variante
oder Sojamilch zu entscheiden: Mit der Bestellung des Sojavanille
Milch-Marketing • 0 2/2021 15