BRAND STRETCHING
Mit der Premiummarke Best Moments verspricht auch Penny zu den
Festtagen besonders lecker und natürlich zu speisen und das gewohnt
Penny günstig. Foto: Penny Markt GmbH
Premium-Handelsmarken kommen mit eigenständigem, individuellem,
sehr edlem Verpackungsdesign und einer beachtlichen Innovationsrate
daher, mit der sich sehr gut neue Themenwelten generieren
lassen. Hinsichtlich Qualität und Gestaltung werden sie von
den Verbrauchern oft sogar höher bewertet als Markenprodukte.
Gerade zu Festtagen und besonderen Anlässen möchten die Käufer
sich und ihren Gästen etwas Hochwertiges gönnen. „K-Favourites“
von Kaufland, „Rewe Feine Welt“, „Edeka Selection“ machen sich
daher auf dem Tisch besser als die günstigen Marken „K-classic“,
„ja!“ oder „Gut und Günstig“. Auch die Discounter bieten ihre
Handelsmarken inzwischen im Premiumbereich an, mit denen besonders
hochwertige und besondere Delikatessen verkauft werden
sollen: Lidl „Deluxe“, Penny „Best Moments“ und Netto „Genusswelt“
sind schon lange nicht mehr „nur“ Discounterprodukte, sondern
wollen Qualitätsbewusstsein und einen vorzeigbaren Platz auf
den Tischen der Verbraucher für sich einnehmen.
Entscheidet sich der Handel für Brand Stretching-Strategien seiner
Premium-Handelsmarken, so müssen auch hier die Marketingmanager
und Produktentwickler die Vorteile und Stolpersteine abwägen.
Der Handel muss sich wie der Markenhersteller überlegen:
„Welches Produkt eignet sich überhaupt?“ Denn auch eine Premium
Handelsmarke kann schließlich überdehnt werden, die Marke
verwässern und dem Markenimage schädigen. So ist Geschmack
wichtig. Wenn die Wurst nicht schmeckt, wird der doch so lecker
aussehende Käse gar nicht erst probiert. Zutaten sind ebenso
wichtig, denn die Produkte haben ihren Preis und die Verbraucher
schauen mit zunehmender Aufklärung auf die Zutatenliste und
vergleichen. Dennoch lebt der Lebensmitteleinzelhandel bei seinen
Premium-Handelsmarken das Brand Stretching über fast alle
Lebensmittel-Produktkategorien – eine Markendehnung auf erfolgreichem
Weg. n ak
Prof Dr. Karsten Kilian gilt als einer der führenden Markenstrategen
Europas und stellt sich den Fragen von Milch-Marketing. Seit
mehr als 15 Jahren lehrt der an der Universität St. Gallen promovierte
Diplom-Kaufmann der Universität Mannheim an Hochschulen
im In- und Ausland und berät mittelständische Unternehmen in Markenfragen.
An der Hochschule Würzburg-Schweinfurt leitet er den
Masterstudiengang Marken- und Medienmanagement. Mit Markenlexikon.
com hat er das größte Markenportal im deutschsprachigen
Raum aufgebaut.
Milch-Marketing: Herr Kilian, Brand Stretching nimmt
mittlerweile neunzig Prozent der Produkteinführungen
ein. Warum entscheiden sich Unternehmen für Markendehnung
und nicht für die Etablierung einer neuen Marke?
Prof Dr. Karsten Kilian: Auf den ersten Blick ist eine Markendehnung
günstiger – und einfacher. Man greift einen bekannten, etablierten
Namen mit verankerten Markenwerten auf und bietet unter dem
gleichen oder leicht erweiterten Namen weitere Produkte an. Auf
den zweiten Blick kommen Markendehnungen Unternehmen oft teuer
zu stehen, vor allem, wenn die neuen Produkte scheitern und damit
die Marke insgesamt geschädigt wird. Zudem sind Kunden durch
weitere Produkte unter fast gleichen Markennamen häufig verwirrt
und verschieben den Kauf dann erst mal oder greifen zum klar positionierten
Wettbewerbsprodukt. Auch wenn die Dehnung gelingt,
besteht die Gefahr, dass das Markenimage verwässert, weil unter der
Marke zu viele verschiedene Produkte vermarktet werden.
Faktisch handelt es sich meist eher um Pseudoinnovationen und damit
um Varianten ein und desselben Produktes oder es werden Sub-
Wichtig
ist der
Markenkern
26 Milch-Marketing • 01/2021