ETHNO MILCHPRODUKTE
Laut statistischem Bundesamt hat die Zahl der Personen in Deutschland mit Migrationshintergrund
in den letzten Jahren stetig zugenommen. 2019 betrug sie 21,2 Millionen. Der Anteil
der Bevölkerung mit Migrationshintergrund macht somit 26,0 Prozent an der Gesamtbevölkerung
Deutschlands aus (81,8 Mio., Stand 2019). Wichtigste Herkunftsländer sind nach wie
vor die Türkei (13 %), gefolgt von Polen (11 %) und der Russischen Föderation (7 %).
inklusive Discount. Insgesamt scheinen jedoch
Milchprodukte im Vergleich zu anderen nicht
gekühlten Sortimenten aus fernen Ländern
gerade noch etwas hinterherzuhinken.
PRODUKTE AUS
IN- UND AUSLAND
Viele Milchprodukte werden direkt aus den
Herkunftsländern mit der dort bekannten Marke
importiert. Es gibt aber genauso Produkte,
die hierzulande nach ursprünglichen Rezepten
hergestellt werden. Auch diese Produkte schätzen
Verbraucher mit Migrationshintergrund als
authentische Produkte aus der Heimat.
Ernährungstrends aus anderen Esskulturen
dienen aber auch als Inspiration für Milchprodukte
für den deutschen Markt. Ein Beispiel ist
das indische Kultgetränk Lassi. Es gilt in Indien
seit Jahrhunderten als kulinarische Köstlichkeit.
Eine Legende besagt, dass sein Genuss
früher den Maharadschas vorbehalten war.
Angepasst an den deutschen Markt und mit
heimischer Milch hergestellt, transportiert er
einen exotischen Genuss. Und ganz nebenbei
wird regional mit global kombiniert.
Es gibt zudem Erfolgsgeschichten, die zeigen,
dass Migranten Ethno-Milchprodukten bei uns
die Türe öffnen. Ihre gewohnten Produkte finden
Eingang in das deutsche Lebensmittelangebot.
So geschehen in Illingen im Saarland vor
einigen Jahren. 2015 kam Abdul Samoya aus
Syrien nach Deutschland. Da er den Käse aus
seiner Heimat vermisste, begann er mit der
Produktion verschiedener Sorten. Er gründete
die Cham Saar GmbH (chamsaar.de). Die
Käserei wächst seitdem stetig und beliefert
mit einer breiten Palette an Käsesorten wie
Chalali (Weichkäsefäden), Sourki (Frischkäse)
und Baladia (Weichkäsewürfel) mittlerweile
landesweit sowohl arabische und türkische als
auch deutsche Lebensmittelhändler.
CHANCEN AM POS
Ethno-Food insgesamt ist ein Profilierungssortiment
für den klassischen LEH. Vor allem
aufgrund der Marktsättigung im deutschen
LEH können auch Ethno-Milchprodukte Potenzial
verheißen. Der Handel kann von einer
Verbesserung der Präsentation innovativer
Molkereiprodukte am POS im Kühlregal oder
an der Käsetheke profitieren. Es gilt, die emotionalen
Potentiale der jeweiligen Länder oder
Region zu nutzen. Um sich der veränderten
Käuferstruktur und -nachfrage durch die
Zunahme der Menschen mit Migrationshintergrund
zu öffnen, muss der LEH vermehrt
spezielle Milchprodukte ins Sortiment aufnehmen,
um Kompetenz zu signalisieren. Es
bleibt zu beobachten, ob dies gelingt und die
Drehzahl der Produkte zufriedenstellend ist.
MOLKEREI RÜCKER
Ernähren sich Verbraucher mit muslimischen
Glauben streng nach Halal-Kriterien, achten
sie teilweise auf bestimmte Zerfikate auf Lebensmitteln.
Die Molkerei Rücker aus Ostfriesland
produziert schon seit vielen Jahren
Halal-zertifizierten Käse. Inhaber Klaus Rücker
berichtet: „Als Familienunternehmen mit hanseatischen
Wurzeln und einer über zwei Generationen
reichenden Weißkäsekompetenz
zunehmen. Wirft man hier einen Blick in die
Kühlregale, fällt sofort ein enormes Angebot an
Großpackungen auf wie zum Beispiel Joghurt
in 2,5-Kilogramm-Eimern oder Weißkäse in
1,5-Kilogramm-Dosen. Mittlerweile leben jedoch
türkischstämmige Mitmenschen in dritter
bis fünfter Generation in Deutschland und die
jüngeren unter ihnen zeigen inzwischen ein verändertes
Einkaufsverhalten. Sie kaufen teilweise
kleinere Mengen ein als ihre Elterngeneration.
Für viele ist der türkische Supermarkt nach wie
vor Einkaufsstätte Nummer eins, zunehmend
zieht es sie aber auch in den deutschen LEH.
STORE-CHECKS
Auffällig in den Kühlregalen verschiedener
Discounter und Vollsortimenter ist: Die
Boom-Produkte unter den Ethno-Milchprodukten
– Feta oder Feta-ähnlicher Salzlakenkäse
mit unterschiedlichsten Namen
(Hirtenkäse, Käse griechischer Art, Balkankäse,
etc.), Joghurt griechischer Art, Joghurt
türkischer Art und Ayran – gibt es überall
zu kaufen. Meistens findet man auch Lassi.
Ansonsten fallen Store-Checks im deutschen
LEH recht unterschiedlich aus, was andere
Produkte aus dem Bereich der Ethno-Milchprodukte
angeht. In vielen Supermärkten sind
auch polnische und russische Milchprodukte
zum Beispiel von Dovgan zu finden. Laut eigenen
Angaben beliefert das Unternehmen
bereits flächendeckend den deutschen LEH
Da Abdul Samoya die Käse seiner Heimat
Syrien vermisste, gründete er eine Käerei, in
der er nun seine eigenen Käse herstellt.
Milch-Marketing • 0 1/2021 15