Konzepte
Gräser und Kräuter, im Winter Heu. Diese
traditionelle Form der Milchwirtschaft ist
für die Tiergesundheit wichtig und liefert
eine ganz natürliche Milch. Das schätzt
der Konsument.
Profitieren von diesem Erfolg auch die
Milchlandwirte?
Die aufwändigere Wirtschaftsweise kommt
auch beim Bauern an. Seit dem Start der Initiative
im Jahr 2009 hat sich der Heumilchzuschlag
um etwa das Fünffache erhöht.
Können Sie den Markt bitte etwas
quantifizieren?
Pro Jahr werden in Österreich 480 Millionen
Kilogramm Heumilch verarbeitet. Davon
sind etwa 30 Prozent Bio-Heumilch.
85 Prozent der gesamten Heumilch werden
zu Käse verarbeitet, u. a. zu Hart- und
Schnittkäse. In Österreich liegt der Heumilchanteil
an der Gesamtproduktion bei
15 Prozent, in Europa lediglich zwischen
zwei und drei Prozent.
Wie hoch ist der Exportanteil, der
nach Deutschland geht?
Deutschland ist das wichtigste Exportland
für Heumilch, die Exportquote liegt bei
über 50 Prozent.
In Deutschland stößt man vor allem im
Käsesortiment verstärkt auf Heumilchprodukte.
Warum ist Heumilch in der
„Weißen Linie“ hier unterrepräsentiert?
Da Heumilch die Spezialmilch der Käseherstellung
ist, wird sie größtenteils zu
Käse verarbeitet. Im Käse liegt auch die
meiste Wertschöpfung. Der stärkste Exportartikel
ist Bergkäse. Ein Grund dafür
ist, dass ihn der deutsche Kunde aus seinem
Urlaub in den Alpen kennt. Außerdem
sind Frischprodukte aufgrund der Logistik
im Export schwierig zu handhaben
und die Heumilchmengen sind begrenzt.
Wie nachhaltig ist die Heumilch-
Produktion?
Grünlandbasierte Fütterung mit Gräsern,
Kräutern und Heu bringt eine hohe Futterqualität,
schont aber auch die Umwelt und
fördert die Artenvielfalt. Durch späteres
Mähen im Frühjahr und durch weniger
Schnitte können sich die Wiesen selbst
vermehren. Dadurch entsteht eine größere
Artenvielfalt. Vielfältige Wiesen benötigen
wiederum weniger Düngemittel. Das wirkt
sich u.a. positiv auf das Grundwasser aus.
Durch die mosaikartige Bewirtschaftung
der Felder haben auch andere Lebewesen
wie Biene, Hummel oder Schmetterling
eine Lebensgrundlage. Außerdem schont
Heuwirtschaft Ressourcen durch stark begrenzten
Getreideeinsatz.
Die ARGE Heumilch hat in diesem
Jahr die Kuhwohl-Initiative ins Leben
gerufen. Was steckt dahinter?
Start ist im März. Ein wesentlicher Eckpfeiler
ist dabei die artgerechte Fütterung.
Heumilchkühe bekommen frische Gräser
und Kräuter im Sommer sowie Heu im
Winter. Als Ergänzung erhalten sie mineralstoffreichen
Getreideschrot, der aus
Europa stammen muss und kontrolliert
gentechnikfrei ist. Vergorene Futtermittel
sind strengstens verboten. Außerdem ist
eine dauernde Anbindehaltung untersagt.
Laufställe, Auslauf und Weide sorgen damit
für ausreichend Bewegung der Tiere,
und das mindestens 120 Tage im Jahr.
Auch wird dafür gesorgt, dass jede Heumilchkuh
im Stall über einen eigenen Liegeplatz
verfügt. Das ist wichtig, da Kühe
im Durchschnitt zwölf bis 14 Stunden täglich
ruhen und dabei wiederkäuen.
In Deutschland kennt und schätzt man
seit vielen Jahren die Heumilch-Alm,
die als Aktionsstand in den Märkten
gebucht werden kann. Was bieten Sie
dem Handel mit diesen Aktionen?
Auch 2018 wird unsere Heumilch-Alm in
kleinen und großen Verbrauchermärkten
zu sehen sein. Sie lädt Kunden dazu ein,
sich umfassend über den einzigartigen
Im März startet
die ARGE
Heumilch mit
einer Kuhwohl-
Initiative, bildlich
dargestellt
durch das neue
Logo auf den
Käseverpackungen.
Rohstoff Heumilch zu informieren sowie
köstliche Käsesorten aus Heumilch zu verkosten
und zu kaufen. Außerdem wird sie
auf zahlreichen Fachmessen des Lebensmittelhandels
zum Einsatz kommen. Hier
können sich Fachberater und Thekenkräfte
aus erster Hand über die Heumilch informieren
und Aktivitäten absprechen.
Die Schweiz, Südtirol, aber auch
Deutschland bekunden deutliches
Interesse an einer stärkeren Zusammenarbeit
mit der ARGE Heumilch.
Mit der Schweiz haben Sie bereits
einen ausländischen Partner an Bord.
Rücken die Alpenregionen hier demnächst
enger zusammen?
Der Verein Heumilch Schweiz wurde 2016
gegründet und kooperiert mit der ARGE
Heumilch. Frischprodukte und Käse sind
in der Schweiz bereits erhältlich, Käse geht
in den Export. Bei unseren Aktivitäten für
den deutschen Lebensmittelhandel werden
Heumilchprodukte aus Österreich und der
Schweiz gleichermaßen promotet.
Welches Potenzial haben Heumilchprodukte
in Zukunft?
Ein immerwährendes Ziel ist die Erhöhung
der Wertschöpfung für unsere Heumilchbauern.
Unsere größte Herausforderung ist, dass
die Heumilch ein Nischenprodukt bleibt,
Heumilch also ein begrenzter Rohstoff ist.
Die ARGE Heumilch
Im Februar 2003 wurde im österreichischen Bundesland Vorarlberg eine Interessengemeinschaft,
die die Zusammenarbeit der Milchproduzenten und insbesondere der Käsereien fördern
sollte, ins Leben gerufen. Nur wenige Monate später entstand aus dieser Vereinigung
die „Arbeitsgemeinschaft Heumilch Tirol“. Unter dem Namen „ARGE Heumilch“ schlossen
sich im gleichen Jahr auch Milchlandwirte und Molkereien aus den Bundesländern Salzburg
und Oberösterreich, später dann auch aus der Steiermark, an. Parallel dazu wurde das Markensiegel
„Heumilch“ registriert. Mit der ARGE Heumilch ist nun seit über einem Jahrzehnt
ein Dachverband aktiv, der sich für die Förderung und Weiterverarbeitung von silagefreier
Milch (= Heumilch) einsetzt. Daneben stehen jedoch auch GVO-freie Milch sowie die biologische
Landwirtschaft und artgerechte Tierhaltung im besonderen Fokus.
03/18 milch-marketing.de 49