4 7 2021 | moproweb.de
Wo führt der
Green Deal hin?
Erste Einschätzungen …
mi | mi-Meinung
Wohin wird der
E u r o p e a n
Green Deal
die Milchwirtschaft
führen? Noch weiß das
niemand genau, aber es gibt erste
Einschätzungen., wie z.B. die,
die Christophe Lafougere vom
internationalen Beratungsunternehmen
GIRA am 10. Juni auf
der virtuellen Jahrestagung des
EU-Milchhandelsverbandes Eucolait
mit den Tagungsteilnehmern
teilte.
Die Milcherzeugung könnte um
bis zu 8% sinken, und der Preis für
Milch könnte um über 10% steigen.
Begründet wird dies unter
anderem damit, dass die Nachhaltigkeitsvorgaben
von Seiten
der EU und der Mitgliedsstaaten
einen geringeren Dünger- und
Pestizideinsatz in der konventionellen
Milcherzeugung bedingen
werden, was die verfügbare Futterbasis
schmälert. Zugleich wird
die biologische Milchwirtschaft
noch stärker in den Fokus aller
Nachhaltigkeitsanstrengungen
rücken. Im Lauf der Zeit könnten
bis zu 65.000 konventionelle
Milcherzeuger in der EU auf Bio
umstellen. Aber nur, wenn die
Nachfrage es hergibt. Marktdaten
aus Frankreich deuten darauf
hin, dass 2020 während der
Lockdowns möglicherweise bereits
ein Plafond für den Bio-Mopro
Absatz erreicht worden ist.
Eine vom Staat herbeigeführte/
herbeisubventionierte Biomilch-
Schwemme würde jedenfalls
„Biomilch“ zum Massenprodukt
machen und am Ende dazu führen,
dass Bio ganz einfach zum
„normalen“ Rohstoffstandard
wird, ähnlich wie die Entwicklung
bei GVO-frei gelaufen ist.
Dies würde wiederum die Margen
auf allen Stufen der Kette unter
starken Druck bringen, die im Biomarkt
noch gegeben Wertschöpfung
wäre dahin, der Bedarf an
Subventionen, die schon heute
den Biomarkt überhaupt erst am
Laufen halten, würde sich deutlich
erhöhen.
Die international strenger
werdenden Nachhaltigkeitsauflagen
werden überdies kein
größeres Wachstum in den ohnehin
schon erzeugungsstarken
Ländern mehr erlauben. Für das
den Weltmilchmarkt dominierende
Neuseeland wird künftig eine
Stagnation zu erwarten sein, in
der EU wird es in der kommenden
Dekade höchstens noch 0,9%
mehr Milch pro Jahr geben, nach
+ 1,8% p.a. im Schnitt der zurückliegenden
zehn Jahre. Der Trend
hin zu größeren landwirtschaftlichen
Erzeugereinheiten dürfte
durch den Green Deal eher noch
verstärkt werden.
Pflanzenbasierte Mopro-Alternativen,
die ebenfalls auf der
Nachhaltigkeitswelle reiten, werden
auf Sicht keine wirkliche Konkurrenz
zu originärer Milch entfalten.
Denn es handelt sich dabei
immer irgendwie um „Ersatz“ mit
allen seinen Nachteilen. Natürlich
sind die Flexitarier, Veganer und
Vegetarier insgesamt mit über
140 Millionen Verbrauchern in der
EU eine wichtige Zielgruppe, aber
die Mehrheit der Konsumenten
ist und bleibt omnivor. Eine wirkliche
Gefahr für originäre Milchinhaltsstoffe
entsteht aber über
die Präzisionsfermentation. Denn
diese liefert naturidentische Produkte,
bald wohl zu Preisen, die
mit denen von echten Mopro vergleichbar
sind. Vieles hängt davon
ab, wie und ob die Hersteller von
Fermenter-Proteinen Marktzugang
bekommen und wie es wirklich
um die Nachhaltigkeit ihrer
Erzeugnisse bestellt ist.
Inwieweit sich die Hoffnungen
der Investoren erfüllen, dass
pflanzen- und fermentationsbasierte
Mopro-Substitute genau
das sind, was moderne, umweltbewusste
Verbraucher verlangen,
ist offen. Im Moment fließen
jedenfalls noch die Gelder an die
Start-ups in diesem Bereich (3,1
Mrd. US$ in 2021). Bis 2025 wird
der weltweite Markt für diese Erzeugnisse
auf 41 Mrd. US$ wachsen,
glaubt man den Prognosen.
Es kann aber durchaus sein, dass
sich am Ende herausstellt, dass
Milch eben doch nicht so schlecht
ist, wie sie aktuell von Politikern,
NGOs und Medien gemacht wird.
Und dann werden wohl so einige
Seifenblasen in den Zentralen der
Investmentfonds platzen, meint
Roland Sossna.
ROLAND SOSSNA
REDAKTION
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