INDUSTRIE ❙ HANDEL
VERPACKUNGEN
die Industrie und den Handel getragen. Die einzelnen Haushalte in
Deutschland bezahlen also keine Sackgebühr. Der NABU zeigt auf,
dass der Definition zu folge nur Leichtverpackungen, also Verpackungen
aus Kunststoff, Aluminium, Weißblech oder Verbundmaterialien
wie Getränkekartons entsorgt werden dürfen .
Wenn uns also der Energydrink aus der Leicht-Metall-Dose wieder
auf volle Leistung gebracht und das Bircher Müesli aus dem Joghurt-
Plastikbecher dem Wohlbefinden auf die Sprünge geholfen hat, so
können beide Verpackungen ohne Bedenken im “Gelben Sack” entsorgt
werden. Doch für eine dieser beiden Verpackungen wird es
nach der groben Trennung in der Sortieranlage komplizierter als für
die andere. Während die Dose nahezu vollständig recycliert wird (ca.
90%) und einen guten Beitrag zur Umweltbilanz beisteuert, durchläuft
der Joghurtbecher kompliziertere Wege: Sein Aluminium-Deckel
wird maschinell vom restlichen Kunststoff getrennt und in das
Aluminium-Recycling befördert. Für den Kunststoffbecher geht die
Reise auf dem Förderband weiter. Er wird durch einen Nah-Infrarot-
Scanner seinen Artgenossen des gleichen Kunststofftyps zugewiesen,
bis er zum Schluss zu sortenreinen Kunststoffballen verarbeitet und
zu den Verwertern zum Down-cycling transportiert wird. Down-cycling
bedeutet, dass die Materialien im Weiterverarbeitungsprozess
an Qualität verlieren und nur noch für weniger wertige Produkte
eingesetzt werden können. Im Falle des Joghurtbechers kann die Reinkarnation
in Form eines Pflanzentopfes, Wäschekorbes oder gar einer
Stoßstange am Auto ausfallen. Zu einem allerdings wird er heute
nicht: noch einmal eine Lebensmittelverpackung.
Warum wird aus dem Joghurtbecher eigentlich kein Joghurtbecher?
Bereits bei der Herstellung des Kunststoffes wird seine Recyclingfähigkeit
durch verschiedene Faktoren stark gemindert, wie zum
Beispiel durch die Beigabe von Farbstoffen, Weichmachern oder
Stabilisatoren. So sinkt die Zahl seiner Einsatzmöglichkeiten bei der
Wiederverwertung. Im Recyclingprozess wird der Kunststoff des Joghurtbechers
auch brüchig und verliert so nachhaltig die technischen
Eigenschaften des ursprünglichen Kunststoffes. Diese mindere Qualität
kann vor allem im Lebensmittelbereich mit hohen Anforderungen
an die Qualität der Verpackung nicht wiederverwendet werden.
Wenn der Kunststoff mit anderen Materialien verbunden ist, mit sogenannten
Verbundstoffen, wird es noch herausfordernder. Denn diese
können kaum voneinander getrennt werden und landen oftmals in der
Verbrennungsanlage beim normalen Hausmüll. Recycelt man Verbundstoffe,
so ist das sehr energieaufwändig und die entstehenden Granulate
können nur zu wenigen Produkten weiterverarbeitet werden. Der Kreis
der möglichen Abnehmer des Granulats wird verschwindend klein.
In Deutschland werden gemäß Recherchen des NABU pro Jahr schätzungsweise
1,3 Mio. Tonnen Verpackungsabfälle aus Kunststoff recycelt.
Davon sind etwa 26 Prozent die Ausbeute aus dem “Gelben Sack”, der
Verpackungen haben mit Abstand den größten Anteil aller verwendeten
Kunststoffe in der EU. Lediglich ein Drittel aller verwendeten
Kunststoffe werden recycelt. Grafik: Europäische Union 2018
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