4 2019 | moproweb.de 37
Peter Scheurer, Geschäftsführer
Sopra: Rohstoffmanagement
umfasst nicht nur den eigentlichen
Einkauf, sondern auch die
Vertragsverwaltung, QM, die
Einteilung des Rohstoffs nach
Aspekten wie Nachhaltigkeit oder
Tierwohl sowie Erzeugerberatung
(Foto: Sopra)
internationaler geworden ist. So landet
mittlerweile auch Milch aus den USA und
Neuseeland auf deutschen Märkten.
Immer wichtiger wird auch die Rückverfolgbarkeit
und Kennzeichnung von Produkten
und Produktbestandteilen – sei es,
weil gesetzliche Regularien wie die Lebensmittel
Informationsverordnung (LMIV)
oder die EU-Verordnung 178/2002 dies
fordern oder weil die Verbraucher eine
möglichst hohe Transparenz erwarten.
Mittelständischen Molkereibetrieben stellt
sich zudem immer öfter die Frage, ob sie
sich über ihre regionalen Kernmärkte hinaus
auch international engagieren sollen.
All diese Herausforderungen lassen sich
heute nur noch mithilfe durchgängiger ITUnterstützung
wirtschaftlich meistern.
Die zentrale Plattform für diese ITSteuerung
stellen hierzulande in fast allen
Molkereibetrieben ERP-Systeme dar. Von
ihrer Kernaufgabe ausgehend, der Produktionsplanung
und -steuerung, integrieren
und automatisieren sie immer weitere
Betriebsabläufe. Ob ein ERP-System
entsprechend erweiterungsfähig und flexibel
ist, entscheidet somit auch darüber,
ob es eine Zukunft in den Unternehmen
hat oder nicht. „Letztlich herrscht im ERPBereich
derzeit ein Verdrängungswettbewerb“,
sagt Peter Scheurer, Geschäftsführer
der SOPRA EDV-Informationssysteme
GmbH. „Wenn sich eine ERP-Lösung nicht
einfach und flexibel erweitern lässt, hat es
heute ausgedient.“
Die Milchindustrie
tickt anders
Außerdem kommen heute vor allem Lösungen
zum Zuge, die klar auf die speziellen
Anforderungen der Milchveredlung
und -verarbeitung zugeschnitten sind.
Dies ist nicht nur mit Blick auf das eigentliche
ERP-System wichtig, sondern auch
bezüglich der Branchenkompetenz der ITBerater.
Diese implementieren schließlich
nicht einfach nur ihr jeweiliges Produkt,
sondern haben – im Idealfall – immer
auch den gesamten Betrieb und seine
Abläufe im Blick.
Von den in Deutschland über 600 angebotenen
ERP-Systemen erfüllen am Ende
nur eine Handvoll Anbieter diese Anforderungen.
Die Systemhäuser unterscheiden
sich vor allem dadurch, ob sie wie
SAP als Großanbieter auftreten, die über
Partner die Milchwirtschaft erreichen
wollen, oder ob es sich um mittelständische
Anbieter wie die GUS Group handelt,
die sich von vornherein auf den Teilmarkt
der Prozess- und Milchindustrie spezialisiert
haben.
Rohstoffmanagement
als eigene Aufgabe
Bei 4,2 Millionen Milchkühen in Deutschland,
die auf über 63.000 Betriebe ver-
teilt sind und 2016 knapp 33 Millionen
Tonnen Milch produzierten, ist das Rohstoffmanagement
eine Branchenbesonderheit
bei Molkereien. So arbeiten zum
Beispiel in Deutschland, Österreich und
der Schweiz bereits über 100 Molkereien
mit einer IT-Lösung, die dieses Rohstoffmanagement
digital abbildet: Über das
sogenannte „Erzeugerverrechnungssystem“
(EVS) von SOPRA werden mittlerweile
rund 110.000 Erzeuger abgerechnet.
„Das Rohstoffmanagement umfasst
nicht nur den eigentlichen Einkauf“, sagt
SOPRA-Geschäftsführer Scheurer. „Ein
Riesenthema ist auch die Vertragsverwaltung
der meistens sehr zahlreichen
und vielfältigen Lieferanten. Hinzu kommen
Themen wie Qualitätsmanagement,
die Einteilung des gelieferten Rohstoffs
nach Aspekten wie Nachhaltigkeit oder
Tierwohl. Zudem bieten die Molkereien bei
den Landwirten auch Erzeugerberatung
an, was heute immer mehr über Social-
Media-Kanäle läuft.“ Für diese Kommunikation
zwischen den Molkereien und ihren
Lieferanten sowie zwischen den Landwirten
untereinander hat SOPRA ein standardisiertes
Internetportal geschaffen,
das mittlerweile mehr als 40 Unternehmen
nutzen.
Einer der EVS-Anwender ist seit rund
15 Jahren Müller Milch, deren Mitarbeiter
im Rohstoffeinkauf seit kurzem
auch die Vertragsdatenverwaltung der
(Abb.: Sopra)