10 2018 | moproweb.de 27
Einigung kann ein Austrittsvertrag nicht
zustande kommen. Und ohne Austrittsvertrag
kommt definitiv ein harter Brexit.
Damit würde das Vereinigte Königreich
am 30. März 2019 wie ein Drittland
behandelt werden.
Übergangszeitraum
bis 2020?
Sollte es am Ende doch zu einem Austrittsvertrag
kommen, würde am 30. März
2019 eine Übergangsfrist bis Ende Dezember
2020 beginnen. Darauf hatte
man sich schon im März 2018 geeinigt.
Damit soll sichergestellt werden, dass die
Handelsbeziehungen am 30. März 2019
nicht abrupt abbrechen. Während dieser
Zeit soll also alles so bleiben wie bisher,
außer dass das Vereinigte Königreich sein
Mitspracherecht in der EU verliert, und
weiterhin zahlen muss. Ziel ist, der Politik
etwas Zeit zu schenken, bis die bilateralen
Beziehungen der EU mit dem Vereinigten
Königreich fertig gestrickt sind. Auch die
Wirtschaft soll sich auf die neue Situation
vorbereiten können. Aber wie schon
gesagt, ohne Austrittsvertrag auch kein
Übergangszeitraum.
Zukünftige Handels-
beziehungen: Aber wie?
Auch die zukünftigen bilateralen Handelsbeziehungen
des Vereinigten Königreichs
mit der EU post-Brexit gilt es zu regeln,
wenn es denn tatsächlich zu einem Austrittsvertrag
kommt. Die Verhandlungen
laufen schon seit Anfang 2018.
Die EU gab ihre Marschrichtung bereits
im März bekannt. Die einzige Möglichkeit
sieht sie in einem herkömmlichen Handelsabkommen.
Alle anderen Partnerschaftsarten
passen nicht in ein Modell, in dem
Binnenmarkt, Zollunion und EU-Gerichtsbarkeit
von einer Partei nicht gewollt
sind. Das Vereinigte Königreich wiederum
legte sein lang erwartetes Weißbuch erst
im Juli 2018 vor. Daraus geht hervor, dass
eine Freihandelszone für Waren und landwirtschaftliche
Erzeugnisse mit der EU
gewünscht ist. Das Vereinigte Königreich
würde EU-Recht und Standards im Agrar-
und Hygienebereich anerkennen und die
Auslegungshoheit des Europäischen Gerichtshofs
in den vereinbarten Bereichen
anerkennen. Im Zollrecht soll es Vereinfachungen
geben, um die Waren, die aus
Drittländern in das Vereinigte Königreich
gelangen, von den Waren zu trennen, die
zu einem anderen Zollsatz weiter in die EU
verbracht werden sollen.
Für die Milchwirtschaft wäre der britische
Vorschlag eine gute Lösung. Der EUChefunterhändler
Michel Barnier hat ihn
aber in großen Teilen sofort abgelehnt,
da ein Austritt „à la carte“ die Integrität
der EU beeinträchtigt.
WTO-Verhandlungen
Sobald das Vereinigte Königreich (UK) die
EU verlässt, muss es als eigenständiger
Handelspartner Einfuhrzölle auf Drittlandsware
erheben. Dafür muss es bei
der Welthandelsorganisation (WTO) seine
Zolltarife vorlegen. Ein erster Entwurf
wurde kürzlich übermittelt. Ziel des Vereinigten
Königreichs ist es, den derzeit
gültigen Zolltarif der EU zu übernehmen,
um so wenig Handelsstörungen wie möglich
zu verursachen. Bei bestehenden EUZollkontingenten
soll es eine Aufsplittung
zwischen der EU und dem Vereinigten
Königreich geben, die den Handel zwischen
2013–2015 reflektiert. Drittländer
haben schon Einwände erhoben, weil sie
Einbußen beim Marktzugang befürchten.
Die Zolltarife müssen bis zum Ende der
Übergangsfrist (Ende 2020) von der WTO
genehmigt werden.
Die Unsicherheit
ist groß
Unter so vielen Prämissen, Hypothesen
und Szenarien ist die Unsicherheit
für die Wirtschaft extrem groß. Die EUKommission
hat mehrere Leitfäden erarbeitet,
damit sich die Wirtschaft auf
den schlimmsten Fall vorbereitet. Das
Thünen-Institut hat in seiner letzten Einschätzung
Einbußen von 200 Mio. € beim
Export (allgemein) von Deutschland in das
Vereinigte Königreich veranschlagt (und
90 Mio. € Rückgang bei Importen). Aber
so richtig vorstellen mag sich das keiner.
Wir sollten daher den Verhandlungsführern
vertrauen, dass in letzter Sekunde
doch noch eine Lösung für Nord-Irland
und für einen vernünftigen bilateralen
Handelsvertrag gefunden wird. Alles andere
wäre eine große Schande für Europa
und das Vereinigte Königreich.
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