Laderaumknappheit
und Fahrermangel
10 2018 | moproweb.de 23
Unser Autor: Dr. Björn Börgermann, Milchindustrie-Verband e. V.
Der Milchindustrie-Verband berichtet
aus seinen Arbeitsfeldern
Logistische Herausforderung für Molkereien
Vor über 10 Jahre wurde eine Vakanz bezüglich Laderaumknappheit
und Fahrermangel bereits wissenschaftlich
analysiert und vorausgesagt. Heute muss
man jedoch feststellen, dass die Beteiligten in der
logistischen Kette derweil einen harten Wettbewerb geführt
und sich darauf verlassen haben, dass die erwartete Nachfrage
nach Frachtraum schon irgendwie ein Angebot schaffen wird.
Doch was ist nun heute der Stand?
Beschreibung und Problemanalyse
Nach Zahlen der Bundeagentur für Arbeit ist die Zahl der verfügbaren
Berufskraftfahrer in Deutschland stabil bzw. sogar leicht
zunehmend. Der Anteil Frauen unter den Berufskraftfahrern
liegt dabei gleichbleibend bei etwa 1,7 Prozent. Hingegen ist seit
2013 der Anteil Fahrer mit deutscher Staatsangehörigkeit von
91 auf 83 Prozent in 2017 zurückgegangen.
Das eigentliche Problem liegt jedoch darin, dass rund 29 Prozent
der Fahrer 55 Jahre oder älter sind. Weiterhin sind auf Jahresbasis
mehr als doppelt so viele Fahrer älter als 65 Jahre als
die Summe der Auszubildenden für den Beruf Kraftfahrer. Es
ist daher davon auszugehen, dass in den nächsten Jahren überproportional
viele Fahrer aus dem Arbeitsleben ausscheiden und
nicht mehr nachbesetzt werden. Hinzukommt ein zunehmender
Bedarf aus der Industrie hinsichtlich Fachkräften.
Gleichzeitig ist in den letzten Jahren das nationale Transportvolumen
deutscher LKWs überproportional gestiegen. Laut
BAG-Marktbeobachtung Jahresbericht 2017 erhöhte sich in
2017 das transportierte Gütergewicht um rund 1,5 % auf über
3,1 Mrd. Tonnen und erreicht damit die höchste Steigerung seit
der Jahrtausendwende. Die seinerzeit vorhergesagte Vakanz
ist heute damit überdeutlich vorhanden. Die Betrachtung der
Mautdaten deutet zudem darauf hin, dass Nachfragezuwächse
im Fernverkehr vor allem von ausländischen Speditionen aufgefangen
wurden.
Logistische Auswirkungen
für die Molkereiunternehmen
In Praxis trifft das daraus resultierende Thema Fahrermangel
und die damit verbundene Laderaumknappheit auch die Molkereien
in Deutschland in ihrer täglichen logistischen Abwicklung.
Denn es mehren sich Analysen und Berichte, dass bei Logistikdienstleistern/
Frachtführern zur Verfügung stehende Fahrzeuge
mangels Fahrpersonal nicht mehr eingesetzt werden können.
Dies betrifft sowohl regional den Bereich Rohmilchsammlung als
auch die Zulieferindustrie und Distribution in Richtung Handel/
Kunde. Frachtaufträge werden geschoben oder können nicht
durchgeführt werden. Teilweise werden Frachtanfragen bei
Logistikdienstleistern bzw. bei Ausschreibungen gar nicht mehr
beantwortet, da keine Kapazitäten mehr vorhanden sind. Letzteres
führt wiederum zu einer vertraglichen Überabsicherung und
verknappt damit die Ressourcen am Spot- bzw. Gesamtmarkt
weiter. Erschwert wird die Situation zudem dadurch, dass der
Handel für seine Beschaffungslogistik verstärkt Fahrer abwirbt.
In anderen Branchen wird vor dem Hintergrund knapper Laderaumkapazitäten,
auch eine weiter auf Just-in-Time-Belieferung
ausgerichtete Logistik vermehrt kritisch diskutiert.