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Käserei 4.0
Technologie-Plattform für individuelle Schnittkäse
Unsere Autoren: M.Sc. Christian Kern*, Dr. Thorsten Stefan**, Prof. Dr. Philipp Kügler**, Prof. Dr.-Ing. Jörg Hinrichs*
* Universität Hohenheim, Institut für Lebensmittelwissenschaft und Biotechnologie,
Fachgebiet für Milchwissenschaft und -technologie
** Universität Hohenheim, Institut für angewandte Mathematik und Statistik
Prozess- und Produktinnovationen sind für Unternehmen
notwendig, um sich auf den jeweiligen Märkten zu behaupten.
In der milchverarbeitenden Industrie stellt die
Schnittkäseproduktion einen hart umkämpften Markt dar. Über
die letzten Jahrzehnte wurde dabei viel Forschung betrieben, um
bestehende Prozessschritte zu optimieren und zu automatisieren.
Prozessinnovationen waren jedoch eher die Seltenheit. Hier setzt
die Idee der Technologie-Plattform an, die vorsieht, Käsebruch
ohne zeitaufwändiges Pressen mittels Extrusion zu fusionieren
Bild 1: Schema der Schnittkäseproduktion
16 6 2017 | moproweb.de
und auszuformen. In den so erzeugten Rohkäse sollen z. B. Starterkulturen
und/oder Reifungsenzyme injiziert werden. Damit wäre
es möglich, flexibel – individuell auf den Konsumenten angepasste
– Schnittkäse herzustellen und auszureifen. Berichtet wird aus
einem aktuell laufenden Forschungsprojekt.
Schnittkäse
Grob kann die Käseproduktion in drei funktionelle Prozessschritte
unterteilt werden: die Präzipitation, die Fusion und die Reifung
(Bild 1).
1. Präzipitation: Induziert durch enzymatische Hydrolyse (Chymosin)
aggregiert in der pasteurisierten Milch (TM ca. 13 %) das enthaltene
Casein (d: 100 – 300 nm) zu einem Gel, das durch Bearbeiten
in Partikel (= Käsebruch: 5 – 10 mm) zerkleinert wird. Am Ende wird
in den Bruch-Partikeln eine Trockenmasse von > 45 g/100g erreicht
(Dauer ca. 2 h). In diesem Abschnitt wird auch bereits die Starterkultur
zugegeben, wobei deren Wachstum und Metabolismus den
pH-Wert nur um ca. 0,2 Einheiten auf pH 6,5 absenkt.
2. Fusion: Der in Molke dispergierte Käsebruch wird in Formen
überführt. Dort wird gepresst, damit die Bruchkörner zu einer homogenen
Käsematrix zusammenwachsen/fusionieren. Dabei wird
die Trockenmasse um > 1 % gesteigert und Molke entfernt. Der
Rohkäse wird aus der Form entnommen und gelagert, bis pH 5,3 –
5,4 erreicht ist (Gesamtdauer bis 20 h). Im folgenden Salzbad verbleibt
der Käse je nach Größe (z. B. 0,3 – 30 kg für Standardsorte
Gouda) und Milieubedingungen (NaCl ca. 20 %, pH 5,2, ϑ = 15 °C)
für 1 – 2 Tage (Käse pH 5,2, TM 50 – 52 g/100g).
3. Reifung: Der gesalzte Rohkäse wird in Reifungsfolie verpackt
und bei 8 – 10 °C für 4 bis 6 Wochen gereift. Dann sind das Aroma
und die Textur ausgebildet (pH ca. 5,3, NaCl ca. 1,5 %, 107 –
109 cfu/g Milchsäurebakterien, Lactose < 2 g/100g, Milchsäure ca.
3000 mg/100 g).
Technologie-Plattform
Während in der beschriebenen Käseproduktion eine Vorreifung
durch Starterkultur (pH-Wert ≈ 6,5) stattfindet, sieht die Tech