Wenn man Bio-Produkte herstellt, darf die Gleichung nicht nur „glückliche Tiere geben gute Milch“ lauten, sondern auch ein Konzept
bestehen, was mit den Tieren gemacht wird, die keine Milch geben.
Ziege? Aber es ist auch ein relativ teures Stück Fleisch“, gibt
Mitterhumer zu. Nachdem die Landwirte vom Kitzprogramm überzeugt
waren, lag die Herausforderung zunächst darin, passende
Partner zu gewinnen. Mit der Firma Huber aus St. Johann wurde
ein Schlachter und Zerleger gefunden. „Man braucht dafür Leute,
die Erfahrung und Übung haben, um Kitze zu verarbeiten“, erklärt
Friedrich Mitterhumer. Mit einem Fachmetzger, der die Wurstwaren
aus dem Ziegenfleisch herstellt, war recht schnell das nächste
notwendige Puzzlestück gefunden. „Die Kitzzeit ist auf wenige
Monate beschränkt. Daraus ergibt sich die Herausforderung, die
saisonalen Höhepunkte Ostern und Weihnachten zu bedienen
sowie die Aufgabenstellung einer ganzjährigen Verarbeitung und
Vermarktung auf die Beine zu stellen“, erklärt Mitterhumer. So
werden ab diesem Jahr eine Kitz-Käsekrainer – eine geräucherte
Brühwurst, gefüllt mit Schlierbacher-Bio-Schafsschnittkäse – und
eine Kitz-Jausenwurst ebenso im Handel erhältlich sein wie Kitzbraten
und Edelteile wie Schulter, Rücken und Keule. „Bei unseren
Mengen an Ziegenfleisch können wir auch nur ausgewählte
Händler oder eine überschaubare Zahl an Filialen des LEHs
bedienen. Eine deutsche Handelskette national zu beliefern, wäre
mit unseren Kapazitäten derzeit nicht möglich“, erklärt Mitterhumer.
„Wenn sich jedoch die großen Ziegenmilchproduzenten und
-verarbeiter ihrer Verantwortung bewusst werden, bekommt dieser
Markt eine ganz neue Dynamik. Und im Sinne des Tierwohls
müssen sich irgendwann alle damit beschäftigen, was sie mit
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den Tieren machen, die sie nicht für die Milchproduktion brauchen.
Die Fragen werden kommen, erst im Bio-Bereich und dann
bei den konventionellen Betrieben.“
Zunächst sei es aber erst einmal die Aufgabe eines Milchverarbeiters,
seine Landwirte mit der Situation nicht alleine zu lassen.
Sie haben weder das Netzwerk, um das Fleisch verarbeiten zu
lassen und auch nicht den Zugang zum Handel. „Unsere Beweggründe
sind das Tierwohl, Respekt vor den Tieren und der
Idealismus. Noch wird der Mehraufwand unserer Landwirte nicht
abgegolten, aber ihre Arbeit mit unserer Unterstützung machen
das Puzzle komplett“, so Friedrich Mitterhumer.
In Franz Haslehners Stall haben Ziegen und Kitze reichlich Bewegungsfreiheit
inklusive direktem Weg nach draußen auf die Weide.