mi | Interview
Nur ja keine Mengen
verlieren
mi-Interview mit MGN-Chef Leopold Gruber-Doberer
über Tierwohl und Markt
Die österreichische Milchwirtschaft verbessert die Haltungsbedingungen
für Milchkühe, veranlasst auch durch im letzten Jahr erfolgte Schritte der
Regierung und entsprechende Initiativen des Handels. Dabei geht es jedoch
keinesfalls einheitlich voran. molkerei-industrie sprach mit Leopold Gruber-
Doberer, Geschäftsführer der mit über 400 Mio. kg und 3.300 Landwirten
zweitgrößten Genossenschaft des Landes MGN, die auch Minderheitsgesellschafter
20 2 2018 | moproweb.de
MGN-Geschäftsführer Leopold Gruber-
Doberer: Am Ende des Tages könnte
außer höheren Auflagen für die Bauern
nichts übrig bleiben (Foto: MGN)
der NÖM AG ist.
mi: Wie steht es um Anbindehaltung
und Tierwohl in Österreich? Wie kann die
Branche auf Wünsche bestimmter Seiten
reagieren und sich dabei aber auch nicht
selbst aufgeben?
Gruber-Doberer: Dieses Thema wurde
grundsätzlich mit einem Bundestierschutzgesetz
geregelt. Jedoch ist die Branche
derzeit dabei eigene Standards zu definieren
um sich so von den Mitbewerbern abzuheben.
Der Markt überholt sozusagen das
Gesetz! Es wäre hier mehr Einigkeit im Sinne
der Bauern wünschenswert, jedoch ist diese
in der Praxis nicht vorhanden.
mi: Sie kritisieren einen Wildwuchs an
Tierwohl-Labels im Markt. Was kann die
Milchwirtschaft tun, damit mehr Vernunft
einkehrt?
Gruber-Doberer: Jeder versucht sich
beim Thema Tierwohl eigens zu positionieren.
Damit kommt enormer Druck in dieses
Thema. Dem Ziel, nur ja keine Mengen zu
verlieren wird alles untergeordnet. Die gesetzlich
vorgeschriebenen 90 Tage Weide
oder Auslauf bei der Kombinationshaltung
wurden schon von einigen Molkereien freiwillig
auf 120 Tage erhöht. Am Ende des
Tages bleiben die Landwirte auf höheren
Produktionskosten ohne Mehrwert sitzen.
Und es führt unweigerlich zum vermehrten
Einstellen der Milchproduktion.
Dies hat auf die Struktur nachhaltig negative
Auswirkungen.
m: Insbesondere wehren Sie sich gegen das
Label „Zurück zum Urspung“ – warum?
Gruber-Dobrerer: Ich wehre mich nicht gegen
das Label „Zurück zum Ursprung“ sondern
warne vor der Kennzeichnung „Tierwohl
kontrolliert“ bzw. für konventionelle Betriebe
„Tierwohl verbessert“. Hier werden von externen,
mitunter als militante Tierschützer
bekannten Organisationen Bedingungen festgesetzt
werden, welche die Wettbewerbsfähigkeit
unserer Betriebe auf Dauer gefährden.
mi: Die österreichischen Molkereien haben
einen Wettlauf begonnen, wessen Milchlieferanten
die besten Tierhalter sind. Kann
das dem Markt gut tun?
Gruber-Doberer: Dieser Wettlauf bringt
nur kurzfristig Marktvorteile. Die übrigen
Marktteilnehmer sind gefordert auch diese
Kriterien bei ihren Lieferanten einzufordern.
Dann bleibt am Ende des Tages außer höheren
Auflagen für die Bauern nichts übrig.
mi: Sie plädieren immer wieder dafür, dass
sich die österreichische Milchwirtschaft
über „neue“ Milchsorten von ausländischem
Wettbewerb differenzieren soll. Sind da die
Verbraucher nicht überfordert, wenn sie
vor mehreren Milchsorten stehen und am
Ende nicht wissen, was nun besser ist?
Gruber-Doberer: Die Strategie einer Differenzierung
ist für Österreich die einzige Chan