Nachhaltige und handwerkliche Produktionstechniken sind in
Österreich Tradition. Vieles ist bereits Standard, vieles bleibt
noch zu tun.
„Nachhaltigkeit spielt in der österreichischen Milchwirtschaft seit
Jahren eine große Rolle“, erklärt Magister Johann Költringer,
Geschäftsführer Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter
(VÖM) in Wien. „Österreich weist nach einer EU-weiten Studie die
beste CO2-Bilanz auf.“ Seit mehr als zehn Jahren macht das Alpenland
große Schritte hin zu einer naturreinen und nachhaltigen
Produktionsweise. Die österreichische Milchwirtschaft verzichtet
auf Futtermittel mit negativen Auswirkungen auf das Klima. Palmöl
und Soja aus Übersee sind zum Beispiel tabu. Von Anfang an
hat man sich gegen den Import von gentechnisch veränderten
Futtermittelen ausgesprochen. Das Alpenland hat insgesamt eine
Fläche von 8,4 Millionen Hektar. Ein Drittel der Fläche wird für die
völlig gentechnikfeie Landwirtschaft genutzt. Beim Tierwohl gilt
ein hoher Standard. In kleinen und mittelgroßen Betrieben stehen
im Durchschnitt 20 Kühe im Stall und auf der Weide. Zwei Drittel
der Milch stammt aus Bergbetrieben, die sich aufgrund ihrer
Lage nicht vergrößern können. „Großbetriebe mit mehreren hundert
Milchkühen gibt es nicht“, so Költringer. Ebenso verzichten
die Milchbauern freiwillig auf den Einsatz von Glyphosat (Herbizid
zur Unkrautbekämpfung).
Österreich ist Vorreiter bei Bio
„Rund 25 Prozent der Fläche wird biologisch bewirtschaftet. Etwa
jeder fünfte ist ein Bio-Betrieb“ erzählt Johann Költringer. Dazu
kommt die Verarbeitung der Heumilch und der Bio-Wiesenmilch.
Die Produktionen entsprechen immer hohen Standards, die geprüft
und zertifiziert und beispielsweise mit dem AMA-Gütesiegel
ausgezeichnet werden. Die Glaubwürdigkeit eines Produkts steht
und fällt mit der Verpackung. „Deshalb sind die Milchverarbeiter
auch zunehmend auf das Recycling des Verpackungsmaterials,
so wenig Plastik wie möglich und den vermehrten Einsatz von
Mehrwegglasflaschen bedacht“, berichtet der Geschäftsführer.
„Es gibt viele Betriebe, die achten auf Energiegewinnung und
produzieren CO2 kalorische Energie aus Biomasse in Holzkraftwerken.“
Dazu wird Restholz des umliegenden Landes verbrannt.
„Für den österreichischen Verbraucher ist das Thema Nachhaltigkeit
bereits Standard geworden. Es wird viel über Social-Media
kommuniziert, aber auch klassische Werbemaßnahmen, wie Plakatwerbung,
Fernsehen und Anzeigen dienen der Verbraucher-
Aufklärung.“ Gerade in Zeiten von Corona achten die Konsumenten
beim Einkauf verstärkt auf Regionalität und Qualität der
Lebensmittel. Und manchmal sind es sogar die Skandale, die
den Verbraucher aufwecken. Johann Költringer ist sicher, dass
das Thema Nachhaltigkeit in der Alpenrepublik zukünftig noch
verstärkt wird. Beispielsweise stehen Tierfütterung, Kälberaufzucht
und Verpackungen auf der Agenda.
Respektvoller Umgang mit der Natur
Das Familienunternehmen Woerle startete im vergangenen Jahr
das umfangreiche Nachhaltigkeitsprojekt „Woerle wirkt weiter“.
Es wurde das Ziel gesetzt, gemeinsam mit den Landwirten einen
Mehrwert für kleinstrukturierte Bauernhöfe und die regionale Wirtschaft
zu schaffen. Alle Projekte sind auf die Erhaltung der Artenvielfalt,
Klimaschutz, Tierwohl sowie auf das Wohl der Menschen
abgestimmt. Woerle hat sich beispielsweise vorgenommen, bis
2030 gemeinsam mit Heumilchbauern und Konsumenten 1.000
Rettungsinseln für Insekten und Kleintiere zu schaffen, um die
Artenvielfalt im Flachgau und im Mondseeland zu erhalten und zu
fördern. Die Nachhaltigkeits-Agenda von Woerle hält noch viele
Nachhaltigkeit im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel
„Im Bereich der tierischen und somit auch der Molkereiprodukte wird der Informationsbedarf der Kunden zu den Themen ‚Tierwohl’
und ‚Herkunft der Rohstoffe’ immer größer“, sagt Rewe Group Pressesprecher Paul Pöttschacher. Offene und ehrliche Kommunikation
zu Fragen: Wo kommt das Produkt her? Wie wird es hergestellt? Wie geht es den Tieren? Wie wird die Umwelt geschont?
sind ein Muss. Die „Ja! Natürlich“ Bio-Heumilchprodukte bei Billa setzen einen der höchsten Milchstandards in der Branche. Der
Fokus liegt auf 365 Tage Freilauf der Kühe ohne Anbindehaltung, der Fütterung mit Bio-Gras, Bio-Heu & Bio-Getreide aus 100 Prozent
österreichischer Bio-Landwirtschaft, der täglichen Abholung der Bio-Milch von der Molkerei sowie schonender Pasteurisierung
und Homogenisierung, heißt es bei der Rewe Group. Seit Ende Februar dieses Jahres ist auch bei Billa die Milchglasflasche in
der Mehrweg-Variante erhältlich. Mit einer Wiederverwendbarkeit von 15 Mal ist diese Flasche besonders umweltfreundlich. Das
System „Ja! Natürlich“-Milch in Pfandflaschen wurde bei Billa, Merkur, Adeg und Sutterlüty eingerichtet. Jede Flasche wird mit 22
Cent Pfand belegt.
Kein Sonderprojekt aber seit langem in den Alltag integriert ist Nachhaltigkeit beim Handelsunternehmen Spar. Man hat sich
Ziele in allen Bereichen der Nachhaltigkeit gesetzt. Teilweise werden sie schon länger verfolgt, teils sind sie erreicht oder aus
verschiedenen Gründen noch nicht erreicht. Zu den wichtigsten Themen erklärt Spar die Regionalität und achtet bei der Auswahl
der Produkte auf kurze Transportwege sowie einer regionalen Wertschöpfung. Dem Umweltschutz kommt in der biologischen
Landwirtschaft ein großer Stellenwert zu und ganz neu ist das Thema Verpackung hinzugekommen. Zum Beispiel ist auch hier die
Milch im Mehrweg-Glasgebinde ein Thema.