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Die europäischen Institutionen haben
sich Ende letzten Jahres im sog. Trilog
doch noch auf eine Richtlinie zum Verbot
unlauterer Handelspraktiken in der Lebensmittelversorgungskette
geeinigt. Mit der Richtlinie,
die erst noch von der EU verabschiedet und
national umgesetzt werden muss, soll die Verhandlungsposition
der Landwirte und der kleinen
und mittleren Lebensmittelunternehmen gegenüber
ihren Geschäftspartnern gestärkt werden.
Aber wird die UTP-Richtlinie tatsächlich Bewegung
hin in Richtung mehr Fairness speziell im Verhältnis
zwischen Handel und Molkereien bringen?
4 3 2019 | moproweb.de
Kaum Änderung
zum Positiven zu erwarten
Ist die EU-Richtlinie gegen unfaire Handelspraktiken sinnlos?
Gut für Umwelt und Figur
Neuartige Konzepte verändern die Fortbewegung
Nach einem heißen und sehr trockenen
Sommer gab es im Land der gut
und gern Lebenden völlig unvermutet
Schneemassen und Frost – deutlicher konnten
die Anzeichen für den Witterungswandel wohl
nicht mehr werden. Konsequent haben die Weisen,
die uns regieren, beschlossen, die weltweite
Klimaveränderung aufzuhalten, indem sich
Deutschland in eine einzige, große CO2-Senke
verwandelt. Und wo könnte man am besten dazu
ansetzen? Neben der Stromerzeugung natürlich
bei Transport und Individualverkehr.
Noch ist man sich allerdings unschlüssig, welches
Fahrtempo vorgeschrieben werden soll, um
Zweifel sind absolut berechtigt. Da ist zunächst
einmal die willkürlich erscheinende Umsatzschwelle
von 350 Millionen Euro zur Unterscheidung
angeblich „schutzberechtigter“ von offenbar aus
Brüsseler Sicht keinen Schutz benötigenden Unternehmen.
Mit dieser Regelung fallen die Top 25
Molkereien Deutschlands schon einmal durch das
Raster (vgl. Branchenübersicht Milch 2018, molkerei
industrie). Wenn die UTP-Richtlinie das Ziel hat,
den Landwirten einen höheren Anteil an den Erlösen
zu sichern, warum werden dann ausgerechnet
die Bauern, die an die größeren Molkereien liefern,
als de facto unwichtig erklärt? Brüssel bleibt die
Begründung schuldig. Außerdem ist zu hinterfragen,
ob die Bürokraten in der Kommission bzw. in
den noch zu benennenden nationalen Stellen rein
auf die veröffentlichten Gesamtumsätze abheben
und damit auch das den deutschen Markt nicht
berührende Exportgeschäft einbeziehen werden.
Apropos Bürokratie. Nahezu alle an der Kette
Beteiligten, im Gegensatz zu den politisch Verantwortlichen,
gehen davon aus, dass UTP ein Mehr
an Bürokratie produzieren wird. Genau das können
Lebensmittelunternehmen, die sich ohnehin
heutzutage einer irrsinnigen Flut an behördlichen
Auflagen und aus den vielfältigen Qualitätsstandards
herrührenden Dokumentationspflichten
ausgesetzt sehen, überhaupt nicht gebrauchen.
Offen ist auch, ob die Umsetzung des mit der
Richtlinie definierten Mindeststandards in nationales
Recht 1:1 erfolgen wird, oder ob es erneut
zur Inländerdiskriminierung kommt. Der geradezu
gerechtigkeitsbesoffenen neuen deutschen Politik
ist in diesem Bezug alles zuzutrauen.
Offen ist darüber hinaus, wer die Einhaltung
von Fairness überwachen wird. Das Bundeskartellamt
sieht seine Aufgabe gerade nicht darin,
einem Teil der Kette mehr Geld zuzuschanzen.
Tatsächlich, so Dr. Felix Engelsing, Vorsitzender 2.
Beschlussabteilung am Bundeskartellamt, auf einer
Diskussionsveranstaltung des Milchindustrie-
Verbandes am 21. Februar in Brüssel, wäre es der
Sache gerechter geworden, auf die Marktmacht
einzelner Unternehmen abzustellen, statt alles
pauschal zu regeln. Wie falsch der Ansatz von
UTP tatsächlich ist, zeigt eine Äußerung der österreichischen
Regierung als bei der Verabschiedung
der Richtlinie zuständigem Ratsvorsitzenden,
wonach UTP ein Geschenk für die Bauern sei.
Festzuhalten bleibt, dass bürokratische Regelungen
ökonomische Gesetze noch nie auf Dauer
aushebeln konnten. Es ist immer noch das Spiel von
Angebot und Nachfrage, das über die Milchpreise
entscheidet. Und das wird auch so bleiben, trotz
der UTP-Richtlinie, die das Papier nicht wert ist, auf
das sie gedruckt wurde, meint Roland Soßna.
die Zahl der ernsten Unfälle und den Ausstoß von
Klimakillergasen gleichermaßen zu reduzieren. Hinzu
kommt die Frage der sozialen Gerechtigkeit: es
darf nicht sein, dass Geringverdiener einzig weil sie
benachteiligt sind, den Reichen immer nur in die
Auspuffrohre schauen müssen, wenn diese mit ihren
Nobelkarossen auf der BAB davonziehen.
Diese Redaktion ist zutiefst überzeugt, dass
die Diskussion insgesamt noch nicht weit genug
greift. Die ökologische Zukunft liegt eindeutig in
der regenerativen Muskelkraft, das Prinzip wurde
mit den E-Bikes ja bereits breit etabliert. Eunterstützte
Pedalbewegung zum Antrieb eines
Fahrzeugs eliminiert nicht nur Emissionen, sie
fördert prinzipiell die Volksgesundheit und muss
im Einzelfall nicht auf Kosten der Bequemlichkeit
gehen, wenn man Fahrer/Treter beschäftigt.
Auch Warentransporte und die Milchsammlung
lassen sich elegant per Pedal betreiben, es ist
alles ja nur eine Frage der Getriebeübersetzung
und der resultierenden Geschwindigkeit. Künftig
ein bisschen mehr Zeit für den Weg von A nach B
einzuplanen, wenn man doch den Planeten retten
kann, ist wohl das Mindeste, die Milchindustrie
muss einfach wieder einmal den Pionier geben,
meint Roland Sossna.
ROLAND SOSSNA
REDAKTION