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seitig weggeschrieben werden. Nur der
finale Planungsstand, der am Ende an
die Schichtführer kommuniziert wurde,
wird in der IT hinterlegt, wenn überhaupt.
Dieses macht spätere Auswertungen
der Planungseffizienz und der Planänderungsursachen
sehr aufwendig oder
sogar unmöglich. Zur Verbesserung der
Planungsstabilität und somit der Produktionsaufläufe
ist es aber essentiell, die
Auslöser der Änderungen zu identifizieren
und zu reduzieren. Daher sollten auch die
historischen Planvarianten zusammen mit
den Gründen der Planänderungen in auswertbarer
Form abgespeichert werden.
8. Implementieren und
nutzen Sie eine Betriebsdatenerfassung
Eine Betriebsdatenerfassung (BDE) erhebt
maschinenbezogene Daten und macht
diese auswertbar. Mit einem BDE-System
kann daher beispielsweise festgestellt
werden, wie viel Zeit auf einer Maschine
produziert wurde, wie viele Stunden für
Rüsten/Reinigen verwendet wurden, wie
lange Stillstände gedauert haben oder wie
viele Einheiten von welchem Artikel produziert
wurden. In der Milchwirtschaft hat
sich – wie in vielen anderen Branchen auch
– für die Auswertung und Darstellung dieser
Daten die Kennzahl „Overall Equipment
Effectiveness“ (OEE) durchgesetzt. Für
die Produktionsplanung sind diese Daten
aus zwei Gründen relevant. Einerseits kann
somit der Produktionsfortschritt zeitnah
überwacht werden, um gegebenenfalls
kurzfristig gegenzusteuern. Andererseits
können mit den BDE-Daten Planzeiten und
-leistungen regelmäßig auf ihre Richtigkeit
hin überprüft werden, um zu vermeiden,
dass ein Produktionsplan auf Basis falscher
Rahmenparameter hinsichtlich der
Leistungsdaten erstellt wird. Im Zeitalter
von Industrie 4.0 sind moderne Anlagen
regelmäßig mit BDE-Funktionen ausgestattet
oder können damit ausgestattet
werden. Die Produktionsplanung sollte
darauf drängen, dass diese Funktionen
implementiert werden und dass die Planer
Zugang zu diesen Daten erhalten.
9. Prüfen Sie
sorgfältig den Einsatz
von IT Planungstools
Grundsätzlich können zwei wesentliche
Funktionen von IT-Planungstools unterschieden
werden. Zum einen unterstützen
diese Werkzeuge den Planungsprozess,
in dem sie die eingelasteten Produktionsaufträge
verwalten und graphisch
darstellen, z. B. anhand eines Leitstands.
Umplanungen und Verschiebungen durch
beispielsweise „Drag-und-Drop“ Funktionalitäten
oder standardmäßig generierte
Auswertungen erleichtern dabei die
Arbeit der Planer. Die Implementierung
dieser genannten Funktionalitäten ist
für nahezu alle Unternehmen ab einer
gewissen Komplexität unabdingbar. Die
zweite und „intelligentere“ Funktion von
IT-Planungstools besteht darin, auf Basis
mathematischer Algorithmen Vorschläge
für die Einplanung von Aufträgen zu entwickeln,
um bestimmte Planungsziele wie
z. B. geringere Kosten zu erreichen und
den personellen Aufwand in der Planung
zu reduzieren. Darüber hinaus können
produktionsspezifische Besonderheiten
über eine Produktionsmatrix automatisch
berücksichtigt werden. Ein Beispiel für ein
solches System ist das APO-PP/DS Modul
von SAP. Für diese zweite Funktionalität
sind Aufwand und Nutzen genau abzuwägen,
da es in vielen Fällen schwierig ist, die
Planungsrealität mit allen Restriktionen
vollständig im System abzubilden. So haben
viele Planungssysteme heute immer
noch Probleme, die speziellen Anforderungen
von Molkereien wie z. B. natürliche
Schwankungsbreiten bei Rohstoffen,
die oben beschriebene Push-Pull Supply
Chain, die Berücksichtigung ganzer Vielfacher
(z. B. Tankgrößen) oder das ebenfalls
bereits erläuterte Blockplanungsprinzip
effizient umzusetzen, teilweise sind zusätzliche
Individual-Programmierungen
erforderlich. Daher dauert es regelmäßig
einige Zeit, bis das System realisierbare
Planungsvorschläge erzeugt und noch
einige Zeit mehr, bis die aktuelle Qualität
der Planung übertroffen wird.
10. Stellen Sie einen
TOP-Ausbildungsstand
Ihrer Mitarbeiter sicher
Die Produktionsplanung erfüllt eine der
zentralen Aufgaben in der Steuerung eines
Produktionsunternehmens. Somit ist
ein bestmöglicher Ausbildungsstand dieser
Mitarbeiter erforderlich, gerade vor
dem Hintergrund, dass sich auf diesen
Positionen häufig ausgewiesene Praktiker
befinden, die aber möglicherweise bisher
nur wenig Gelegenheit hatten, „über den
Tellerrand hinaus“ zu schauen. Für eine
effektive und datenbasierte Produktionsplanung
ist es zielführend, den Kenntnisstand
in u. a. folgenden Bereichen zu
stärken:
• Grundlegende und fortschrittliche Verfahren
in der kurzfristigen Produktionsplanung
• Erstellung von Auswertungen komplexer
Daten in Excel (und ggfs. in Access)
• Möglichkeiten und Nutzen von IT-basierten
Planungstools
• Grundlegende Soft Skills (Team-Building,
Präsentationstechnik, Kommunikation etc.)
• Verständnis von abteilungsübergreifenden
Zusammenhängen (z. B. Auswirkungen
einer Produktionsplanung auf die
Beschaffung und Auslieferungen)
Entsprechende Schulungsangebote sind
am Markt umfassend verfügbar. Natürlich
kann darüber hinaus von den Mitarbeitern
auch verlangt werden, diese Kenntnisse
mithilfe von passender Literatur oder
auch Online-Kursen weiter zu vertiefen.
Fazit
Eine effektive Produktionsplanung kann
in der Milchwirtschaft einen großen
Wettbewerbsvorteil darstellen, da sie viele
relevante Treiber des Unternehmensergebnisses
wie Lieferfähigkeit, Kosten
und Bestände signifikant beeinflusst. Mit
einigen relativ leicht und kostengünstig
zu implementierenden Maßnahmen ist es
dabei möglich, die Qualität der Produktionsplanung
deutlich zu verbessern. In
einem ersten Schritt sind dazu u. a. ein
Zielsystem für die Produktionsplanung zu
erarbeiten, historische Annahmen zu hinterfragen,
die Plannervosität zu reduzieren
oder Planungshistorien nachzuhalten
und auf dieser Basis die Planungsqualität
auszuwerten. Die dadurch entstehende
Transparenz ermöglicht bereits deutliche
Verbesserungen und macht den Produktionsplanungsprozess
besser steuerbar.
Der zweite Optimierungsschritt sollte
dann stärker IT-bezogene Themen wie
die stärkere Nutzung von Daten der BDE
oder die Nutzung von spezialisierten Produktionsplanungstools
fokussieren, wobei
in diesem zweiten Schritt eine genaue
Abwägung von Kosten und Nutzen erfolgen
sollte.