Abbildung 2: Struktur des DTM und die Verknüpfung der Stakeholder über die IoT-Plattform MindSphere
SCADA-Pläne (Supervisory Control and Data Acquisition) und weiterer
Informationen aus dem ERP-System (Enterprise Resource Planning).
Es müssen alle verfügbaren und erfassbaren Datenpunkte gesammelt
und entsprechend ihrer Priorisierung in der Produktion strukturiert
eingebunden werden. Darauf aufbauend kann ein zweites
Modell – das Datenmodell – entworfen werden. Dieses besteht aus
allen digitalen Zwillingen, also den logisch verknüpften, zeitabhängigen
Produktionsschritten. Diese akquirieren jeweils Prozessdaten
und speisen diese in den Datenpool des Modells ein. Veranschaulicht
bedeutet dies, dass der erste digitale Zwilling des Datenmodells als
der „datenärmste“ gilt, da er ganz am Beginn der Produktion steht.
Der letzte digitale Zwilling in der Produktionskette ist schließlich der
„datenreichste“, da er alle erhobenen Daten aus den vorangegangenen
Zwillingen enthält. Abbildung 1 zeigt exemplarisch einen „wachsenden“
digitalen Zwilling im Datenmodell der Puddingproduktion.
Implementierung des DTM
in eine bestehende Produktion
Die Entwicklungsschritte von der nicht oder semi-digitalisierten
Produktion bis zur erfolgreichen Implementierung des DTMs
wurden anhand zweier Use Cases demonstriert. Der erste war
die Produktion von Vanillearoma bei dem Schweizer Aromastoffproduzenten
Givaudan SA. Der zweite war die Herstellung des
Puddingdesserts in einer Molkerei der israelischen Strauss Group.
Givaudan SA ist ein direkter Zulieferer der Strauss Group, was
die firmenübergreifende Funktionalität des entwickelnden DTM
exemplarisch aufzeigt. Zur Realisierung des DTM wurde die Cloud-
Plattform MindSphere der Siemens AG verwendet, welche alle
akquirierbaren Datenpunkte aus verschiedenen MES- oder ERPSystemquellen
sammelt und den beteiligten Produktionsunternehmen
zur Verfügung stellt. Abbildung 2 zeigt, wie die Stakeholder
Daten über MindSphere für spezifische Anwendungsfälle
26 4 2020 | moproweb.de
austauschen. Abbildung 3 veranschaulicht schematisch die unternehmensinterne
und unternehmensübergreifende Interaktion
der einzelnen digitalen Zwillinge.
Welche zusätzlichen
Möglichkeiten bietet das DTM?
Es können Daten aus Management-, Verwaltungs- und Planungssystemen
mit den Daten der digitalen Zwillinge synchronisiert und für
spätere Analysezwecke zugänglich gemacht werden3, 4. Dabei können
neue Querverbindungen und Muster zwischen den einzelnen
Datensätzen durch Methoden der künstlichen Intelligenz oder des
maschinellen Lernens erkannt werden. Durch die Vernetzung mit
diesen höheren architektonischen Ebenen und den daraus resultierenden
neuen Auswertungsmöglichkeiten können Schätzungen
der zu erzielenden Produktqualität oder Maschinenlebensdauer in
Echtzeit vorgenommen werden. Ein besonders bemerkenswerter
Vorteil ist die Vorhersage zukünftiger Entwicklungen (Predictive
Analytics). So können beispielsweise Anomalien in Geräten oder
Maschinen erkannt und behoben werden, bevor der eigentliche
Fehler auftritt (bzw. daraus resultierende gravierende Konsequenzen).
Aufgrund ihrer Datendichte und -struktur sind diese Systeme
in der Lage, eigenes Expertenwissen zu generieren und so selbstständig
Anomalien zu erkennen. Dieser hohe Grad der Vernetzung
über die eigenen Produktionsgrenzen hinaus ermöglicht Prozessbewertungen
über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg.
Datenintegrität im DTM
Innerhalb des DTM ist die Datensicherheit, Haftung und Transparenz
gewährleistet. Wenn Daten jedoch das DTM verlassen, sind
zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen erforderlich. Daher wurde in
diesem Projekt der von der Fraunhofer Gesellschaft entwickelte
International Data Space (IDS)6 genutzt, siehe Abbildung 3. Der
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