mi-Meinung: - Kommentar: Das Verpackungsgesetz stellt neue Herausforderungen - Klartext: Autoschrauber zu Käsern

molkerei-industrie_09_2016

mi | mi-Meinung REDAKTION 4 9 2016 | moproweb.de Das Verpackungsgesetz stellt neue Herausforderungen Mehr Beitragszahler, Überwachung der Dualen Systeme und geldwerte Vorteile für das stoffliche Recycling Autoschrauber zu Käsern! Demnächst kommen viele Vwler auf den Arbeitsmarkt In ihrer permanenten Suche nach beruflichem Nachwuchs kann sich die Milchindustrie inzwischen argumentativ viel besser schlagen. Denn bei ihr sind die Arbeitsplätze wohl auf lange Sicht sicherer als in der KFZ-Industrie. Volkswagen, das einstige Vorzeigeunternehmen, das Dickschiff moderner Mobilität, mogelt sich gerade selbst zugrunde, und überhaupt werden Autos in ihrer jetzigen Form ohnehin abgeschafft. Man wird sicher nicht lange warten müssen, bis unsere Weltretter in Berlin die norwegische Steilvorlage dafür aufgegriffen haben. In der Folge werden bald aberzigtausende Autobauer auf den Arbeitsmarkt strömen – diese Leute bringen allesamt Fabrikerfahrung sowie Leistungsbereitschaft mit und sollten daher schon jetzt von Emissären der Molkereien umworben werden (vielleicht macht man um die Abgastrickser einen Bogen). Im Prinzip muss man heute in einem modern ausgestatteten Milchwerk ja nur noch die richtigen Mausklicks oder Touchgesten produzieren, alles geht automatisch und das Expertenwissen ist ohnehin in die Maschinen-, Linien- und Werkssteuerung gewandert. Damit wird sich der Schulungsaufwand für die ehemaligen Autoschrauber in Grenzen halten, nur bei der Hygiene müsste man evtl. etwas intensiver rangehen. Alles also wirklich kein Problem, meint Roland Soßna, der sich schon lange in einem völlig problemlosen Land weiß. Nach drei Umweltministern und sieben Jahren Diskussion: Statt einem Wertstoff- liegt nun der Entwurf für das neue Verpackungsgesetz vor, er wird zum Zeitpunkt des Erscheinens dieser Ausgabe quasi „amtlich“ sein. Gut informierten Kreisen zufolge wird sich auf dem weiteren Weg an dem Gesetzesvorhaben kaum noch etwas ändern. Erneut gefällt sich Deutschland in der Übererfüllung von EU-Vorgaben, erneut kommt es zu unnötigen Belastungen für die heimische Wirtschaft. Getreu dem seit 1991 mit der ‚Erstausgabe‘ der Verpackungsverordnung eingeschlagenen Weg, will das Verpackungsgesetz das stoffliche Recycling weiter erhöhen. Bei Kunststoffen fällt dies besonders deutlich aus, die Quote steigt von aktuell 36 Prozent auf 63 Prozent. Aber auch bei den Getränkekartons wird die Wiederverwertungsquote erhöht, und zwar von 60 Prozent auf 80 Prozent. Damit werden für die bei Mopro üblichen Verpackungsmaterialien die Daumenschrauben deutlich angezogen. Warum zwar Erdöl, aber keine Kunststoffe thermisch verwertet werden dürfen, wird nicht begründet – weil nicht begründbar. Gravierender noch als die Heraufsetzung der Quoten für die stoffliche Verwertung wird sich die lt. VerpackG anstehende Einrichtung einer zentralen Stelle auswirken, die die Arbeit der Dualen Systeme überwacht. Damit soll unter anderem erreicht werden, dass über das Schließen von Schlupflöchern deutlich mehr Geld ins System kommt. Mit der Einrichtung der zentralen Stelle unweigerlich einhergehend, könnte sich bei Verpackungen, speziell bei Kunststoffen, die Menge, für die am Ende wirklich Gebühren bezahlt werden, lt. Insidern um etwa ein Drittel erhöhen. Ob dies zur Entlastung für die schon bisher ehrlichen Zahler beiträgt, darf angesichts der Art und Weise wie in Deutschland mit Gebühren verfahren wird, durchaus bezweifelt werden. Neben einer pauschalen Steigerung der stofflichen Verwertung sieht das Verpackungsgesetz auch eine Bevorzugung der Recylingfähigkeit bei den Lizenzgebühren vor. Hierin steckt eine riesige Herausforderung für Entwickler, Hersteller, Abpacker und Handel gleichermaßen. Denn Verpackungen sollen zwar das Recycling erleichtern, sie müssen aber auch weiterhin das Produkt zuverlässig schützen und nachhaltig sein, aber auch eine ansprechende Aufmachung für den POS erlauben. Und bei all diesen Prämissen sollen Verpackungen auch noch kostengünstig sein. Man wird sehen, was auf dem Weg vom Planertisch in die Realität übrig bleiben wird. Wiederholt wurde festgestellt, dass eine Verpackungsverordnung, jetzt Verpackungsgesetz, unterm Strich keineswegs zu Verbesserungen im Sinne der Nachhaltigkeit führen muss. Wenn das Ökoinstitut für das deutsche Verpackungsrecycling im Jahr 2014 eine Einsparung von 1,9 Millionen Tonnen CO2 errechnet, erscheint dies angesichts über 900 Millionen Tonnen an Gesamt-CO2-Emmissionen in Deutschland dennoch als ein marginaler, dafür relativ teurer Weg zum Klimaschutz. Aber das Verpackungsgesetz ist eben auch nur ein politisches Konstrukt ohne jede wirtschaftliche Grundlage, erkennt Roland Soßna.


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