4 7 2020 | moproweb.de
Streit, Streit
und nochmals Streit
USA-EU: Vergeltungsmaßnahmen werden eskalieren
Wer aktuell die
Nachr i chten
liest, die politischen
Aussagen
und die Signale aus der
Wirtschaft durchdenkt, der
könnte zu dem Schluss kommen,
dass nahezu die ganze Welt den
Verstand verloren hat – wenn
sie denn je nennenswert viel davon
besessen haben sollte. Hinzu
kommt Streit allenthalben, quer
durch die Bevölkerung ebenso
wie zwischen den EU-Ländern
oder mit den USA und Russland.
Und als ob dieser Cocktail an
Negativem nicht schon genug
wäre, würgt die Corona-Pandemie
weltweit die Konjunktur
ab und führt in der Folge unzweifelhaft
zu Millionenfachem
Arbeitsplatzverlust und zu massenhafter
Insolvenz quer über
fast alle Dienstleistungs- und
Produktionssektoren.
Ganz offenbar gehen große
Teile der Welt, gewiss aber Europa
und die USA lausigen Zeiten
entgegen. Anstatt aber den
Ausgleich zu suchen, vielleicht
um das Allerschlimmste für
die Wirtschaft zu verhindern,
wird in beiden Blöcken fleißig
weiter Stimmung gegeneinander
gemacht. In der EU, ganz
besonders aber in Deutschland
mi | mi-Meinung
wird Donald Trump gewöhnlich
der Einfachheit halber
zum personifizierten Bösen
gestempelt, gern wird von
Seiten der Politik auch in die
inneren Angelegenheiten der
USA hineingeredet. Dass Trump
von den Amerikanern wohl nur
deswegen gewählt wurde, um
deren Land zu führen, nicht
aber unseres zu fördern, wird
in der Diskussion gern unterschlagen.
Trump liegt eindeutig
nicht an einer Verbesserung
der Welt, sondern am Vorteil
seines Landes, womit er wohl
die Zustimmung der Mehrheit
der Amerikaner findet. Es ist
kein Wunder, wenn Trump sich
vehement gegen Nord Stream
2 und die in Teilen tatsächlich
unfaire Handelspolitik der EU
wendet, beides bringt nicht nur
aus seiner Sicht große Nachteile
für die USA. Und da Trump
längst in den Wahlkampfmodus
gewechselt ist, fallen seine
verbalen Reaktionen wie seine
Anordnungen eben nun noch
härter aus.
Bedauerlich ist natürlich,
dass die Folgen des anhaltenden
Handels- und Verteidigungsbudgetstreits
zwischen
den USA und Deutschland/EU
ausgerechnet auch milchver-
ROLAND SOSSNA
REDAKTION
arbeitende Unternehmen ausbaden
müssen. Die meisten, die
nicht gerade Käse in die USA
liefern, dürften den als Reaktion
auf das Urteil der WTO zu
den Airbussubventionen verhängten
25%igen Strafzoll auf
US-Käseimporte längst nicht
mehr auf dem Radar haben.
Tatsächlich sind von ihm nur
eine Handvoll Unternehmen
betroffen, dafür dann aber in
hohem Maße. Nun steht das
WTO-Urteil über die staatliche
Förderung des Flugzeugbauers
Boeing kurz bevor. Womit die
Zeichen auf Eskalation stehen.
Welche Branchen allfällige Vergeltungsmaßnahmen
diesmal
treffen werden, kann unmöglich
vorhergesagt werden. Fest
steht nur, dass bestimmt nicht
strategisch wichtige Industriebereiche
die Prügelknaben
geben werden. Fest steht aber
auch, dass die EU in der Auseinandersetzung
deutlich mehr zu
verlieren hat als die Vereinigten
Staaten – bislang sind die
US-Konzerne Google, Microsoft
und Co. klar auf der Gewinnerseite.
Vielleicht denkt man in
Berlin und Brüssel einmal wieder
nach, oder hat man das
dort gänzlich verlernt, fragt
sich Roland Soßna.
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