MIV-Jahrestagung
Auf dem Weg zu einer
nachhaltigeren Ernährung
Wieviel Staat ist nötig?
Unsere Autorin: Dr. Angela Kohl
Das Thema einer nachhaltigeren
Ernährung ist nach wie vor
sehr aktuell und Gegenstand
zahlreicher Debatten. Dass wir
uns zukünftig nachhaltiger ernähren müssen,
ist unbestritten. Wie eine nachhaltigere
Ernährung konkret gestaltet werden
kann und wer dazu vor allen Dingen in welcher
Form beitragen kann oder sollte (Politik,
Wirtschaft oder Verbraucher*innen),
wird intensiv und kontrovers diskutiert.
Gutachten des WBAE
zur nachhaltigeren
Ernährung
Im August 2020 hat der „Wissenschaftliche
Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen
Verbraucherschutz (WBAE)
beim BMEL“ ein umfangreiches Gutachten
dazu veröffentlicht, wie die Politik dazu beitragen
kann, dass sich Menschen nachhaltiger
ernähren. Der WBAE kommt zu dem
Ergebnis, dass die Notwendigkeit bestehe,
die Lebensstile und Konsummuster zu ändern.
Hierzu bedürfe es u. a. einer stärker
nachfrageseitig ansetzenden Politik, wobei
das Gutachten einen Fokus auf die Ernährungsumgebung
22 10 2021 | moproweb.de
legt: Um nachhaltigere
Ernährungsentscheidungen im Alltag zu ermöglichen
und für Verbraucher attraktiver
zu machen, sei ein fairer Rahmen in Form
von verständlichen Informationen, einem
einfacheren Zugang, mehr Wahlmöglichkeiten
und Preisanreizen notwendig.
Mit Bezug auf die konkrete Ausgestaltung
einer nachhaltigeren Ernährung empfiehlt
der WBAE nicht nur aus Sicht von Umwelt-,
Klima- und des Tierschutzes, sondern auch
aus einer gesundheitlichen Perspektive heraus,
insbesondere den Konsum tierischer
Erzeugnisse zu reduzieren. Eine global tragfähige
Ernährung sollte den durchschnittlichen
Konsum von Fleisch- und Milchprodukten
in Deutschland halbieren, ggf. sogar
noch stärker reduzieren.
Vor diesem Hintergrund empfehlen die
Autoren des WBAE eine Reihe regulativer
Maßnahmen wie Steuern oder Werbebeschränkungen.
Hierzu zählt z. B. die
Abschaffung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes
für tierische Erzeugnisse, die
Einführung einer neuen Steuer auf alle zuckerhaltigen
Getränke und perspektivisch
einer spezifischen Nachhaltigkeitssteuer
Quelle:
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auf alle Lebensmittel. Auch die Werbeumgebung
gilt es nachhaltiger zu gestalten,
indem u. a. an Kinder gerichtete Werbung
für nicht und wenig gesundheitsfördernde
Lebensmittel eingeschränkt werden soll.
Legitimation staatlicher
Ernährungslenkung - darf
der Staat das?
Staatliche Eingriffe in das Ernährungssystem
und spezifisch in das Ernährungsverhalten
der Verbraucherinnen und Verbraucher,
wie sie vom WBAE vorgeschlagen werden,
sind in Deutschland sehr kontrovers diskutiert.
Aus Sicht des Milchindustrie-Verbandes
sind Empfehlungen zur Einführung von
Lenkungssteuern und Werbebeschränkun-
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