Der Vorsitzende der MEG Milch Board, Frank Lenz, hat bei den Protesten der vergangenen Woche ein großes Gefühl der Verbundenheit festgestellt, das weit über die Landwirtschaft hinausging. Das zeigte sich durch die enorme Unterstützung anderer Berufsgruppen und auch der Bevölkerung. „Es war enorm wichtig, gehört zu werden,“ stellt Lenz fest. Anlass der Proteste war unter anderem der schrittweise Abbau der Agrardiesel-Rückvergütung. Doch wie Lenz und auch andere Teilnehmer beobachten konnten: „Das war nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Es geht um viel mehr: Die fehlgeleitete Agrarpolitik der letzten Jahre und Jahrzehnte muss dringend reformiert werden. Das brachten auch viele der Protestierenden in Berlin und in ganz Deutschland zum Ausdruck.“
„Was wir als unsere Kernforderung betrachten: Die festgefahrenen und ineffektiven Marktstrukturen müssen aufgebrochen werden,“ stellt Lenz besonders für den Milchmarkt fest. „Der Preis muss sich am Markt bilden können und nicht durch nachträgliche Festsetzung durch die Molkereien, wie es überwiegend der Fall ist. Wir Bäuerinnen und Bauern müssen mehr Wertschöpfung erzielen, um zumindest unsere Kosten zu decken. Doch wie in jedem Unternehmen sind Gewinne notwendig, um in die Zukunft der Betriebe und der Menschen investieren zu können. Deshalb ist es gut, wenn der Art. 148 umgesetzt werden soll. Dies muss allerdings im Sinne der Bauern erfolgen und unbedingt auch die Genossenschaften einbeziehen. Die Einführung verpflichtender Verträge mit konkreten Mengen, Preisen, Qualitäten und Laufzeiten, die nur für Privatmolkereien gelten würde, wäre wirkungslos, wenn rund 70 Prozent der verarbeiteten Milch nicht betroffen wären. Eine genossenschaftliche Lieferordnung mit nachträglicher Preisfestsetzung ist kein Milchkaufvertrag in dem ein vereinbarter Preis steht!“
Eine weitere Forderung der MEG ist eine klare Herkunftskennzeichnung. Viele Konsumenten wollen angeblich regionale oder deutsche Produkte kaufen. Das geht Lenz zufolge nur, wenn dies klar auf der Verpackung erkennbar ist. „Auch bei weiter verarbeiteten Produkten darf es nicht genügen, wenn nur ein Bruchteil der Zutaten aus heimischer Erzeugung stammt.“
Bürokratie beansprucht viele Gelder und Ressourcen,“ konstatiert Lenz. Das spiegele sich auch in den Produktpreisen wider. „Bürokratie darf kein Selbstzweck sein!“. Durch eine Reform hin zu einer Bürokratie im Sinne der Menschen würden viele Kapazitäten frei, auch in Form von Fachkräften, die an anderer Stelle dringend gesucht werden.
Lenz glaubt, dass die Ampelregierung motiviert ist, Probleme zu lösen. „Doch der von Minister Özdemir vorgeschlagene ‚Bauernsoli‘ ist nicht der richtige Weg. Eine Subvention durch eine andere zu ersetzen ist nicht zielführend. Das würde die Abhängigkeit erhalten. Wir wollen keine Subventionen, sondern als eigenständige Unternehmer handeln.“
Lenz sieht auch die gewählten Abgeordneten im Bundestag und in den Landtagen in der Pflicht: „Das Gespräch mit den Fraktionsspitzen der Grünen, SPD und FDP mit den Verbänden zeigt, dass die Gründe für die Proteste mehr in den Fokus kommen und sich die Spitzen der Volksvertretung direkt mit den Anliegen der Protestierenden auseinandersetzen. Die von den Verbänden vorgetragenen Vorschläge zur Kompensierung der Steuererhöhung sind für den Bundeshaushalt kostenneutral und fördern den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Indem die Volkvertreter die Interessen ihrer Wählerinnen umsetzen, tragen sie aktiv zur Stärkung unserer Demokratie bei.“