mi | Mopro-Alternativen
Bild 2: Auswahl potenzieller technologischer Herausforderungen beim Herstellen pflanzlicher Drinks als Alternative zu Konsummilch.
Physikalische Stabilität
Die physikalische Stabilität disperser Systeme während einer vorgegebenen
Mindesthaltbarkeit wird durch das Zusammenspiel
von Partikelgröße, Dichteunterschied der Partikel zur kontinuierlichen
Phase und der Viskosität bestimmt (Stokes-Gleichung).
Suspendiert liegen in pflanzlichen Drinks insbesondere unlösliche
Proteine (Aggregate), Stärke sowie Ballaststoffe vor. Diese Substanzen
besitzen eine höhere Dichte als die kontinuierliche Phase
und neigen deshalb zur Sedimentation. Emulgierte Fettkugeln hingegen
rahmen aufgrund der geringeren Dichte auf 2, 9. Wie in
Bild 1 gezeigt und in Teil 1 erläutert, durchläuft der vorbehandelte
pflanzliche Rohstoff unterschiedliche Prozessschritte, mit denen
die Partikelgröße und Viskosität der äußeren Phase moduliert werden
können.
An welchen Stellen im Prozess kann die Partikelgröße also reduziert
werden, um die physikalische Stabilität des Drinks zu erhöhen?
Zunächst kann über das Vermahlen die Partikelgröße eingestellt
werden, wodurch die wässrige Extraktion erleichtert und die
Ausbeute erhöht werden, aber auch die Sedimentationsgeschwindigkeit
von noch im Drink enthaltenen suspendierten Partikeln
verringert werden kann. Mahlapparat, das Verfahren (nass oder
trocken vermahlen) und die Mahlparameter sind auf den Rohstoff
abzustimmen und zu optimieren. Unterstützend können Enzyme
wirken, mit denen Proteine oder auch Polysaccharide hydrolysiert
werden 10 (s. Teil 1). Über den nachfolgenden Trennschritt
– meist mittels Dekanter – wird der rohe Drink hergestellt, wobei
das Abtrennen grober und feiner Partikel über die Betriebsparameter
des Dekanters auf den Rohstoff/die Dispersion abgestimmt
werden kann.
Mit dem Prozessschritt Homogenisieren (Bild 1) kann die physikalische
Stabilität des pflanzlichen Drinks ebenfalls erhöht werden,
indem Partikel, Aggregate und auch emulgierte Fetttropfen aufgebrochen
und zerkleinert werden. Je höher der Druck gewählt
wird, desto größer sind die mechanischen Kräfte. Das Zerkleinern
von Fetttropfen führt jedoch auch zu einer vergrößerten Phasengrenzfläche,
die stabilisiert werden muss, um Koaleszenz auszuschließen
2. Meist sind ausreichend grenzflächenaktive Proteine
im pflanzlichen Drink vorhanden. Ist das Protein-Fett-Verhältnis
zu gering, werden Emulgatoren wie z. B. Lecithin zugesetzt 10-12.
Die thermische Behandlung, die vor oder nach dem Homogenisieren
erfolgen kann, ist primär darauf ausgerichtet, die mikrobielle
Sicherheit zu gewährleisten und das Produkt vor mikrobiellem
Verderb während der Mindesthaltbarkeit zu schützen. Allerdings
werden dabei auch Proteine denaturiert und können zu größeren
Partikeln aggregieren, wodurch die Sedimentbildung verstärkt
wird 2, 13. Allerdings kann eine Proteindenaturierung ebenso
16 8 2021 | moproweb.de
die Wasserbindung und damit die Viskosität der kontinuierlichen
Phase erhöhen. In diesem Fall wird die physikalische Stabilität des
pflanzlichen Drinks verbessert 10. Ebenso kann sich beim Erhitzen
die Viskosität erhöhen, wenn die in den pflanzlichen Rohstoffen
enthaltene Stärke verkleistert 9. Ist der Stärkegehalt jedoch
zu hoch wie in stärkehaltigen Rohstoffen wie z. B. Hafer, ist eine
Stärkehydrolyse vorzunehmen, um einen zu starken Viskositätsanstieg
während der Erhitzung oder Gelbildung im Endprodukt zu
vermeiden (Bild 1, siehe Teil 1) 14.
Fehlaroma
Verantwortlich für das Fehlaroma sind z. T. originäre Enzyme,
wie die Lipoxygenase, die beim Aufbrechen der Zellstruktur
des Rohstoffes aktiviert wird. Die Lipoxygenase katalysiert die
Bildung von Hydroperoxiden aus ungesättigten Fettsäuren; in
einem weiteren Reaktionsschritt entstehen daraus sensorisch
aktive, flüchtige Aldehyde und Alkohole. Typisch ist ein bohniges,
ranziges Fehlaroma im Endprodukt, das bei pflanzlichen Drinks
aus Hülsenfrüchten vorkommen kann 9, 15. Als technologische
Gegenmaßnahmen sind geeignet das Blanchieren/thermische Inaktivieren,
das Desodorieren und das Maskieren von Fehlaroma
15.
Durch Blanchieren und Heißvermahlen bei Temperaturen größer
80 °C wird die Lipoxygenase denaturiert und bei 100 °C für
10 min konnte in einem Sojadrink die Aktivität der Lipoxygenase
um 90 % reduziert werden 16. Allerdings kommt es auch zur
Proteindenaturierung, wodurch die Proteinausbeute beim Separieren
vermindert wird, und im Endprodukt wird von einem kreidigen
Mundgefühl berichtet 15. Einen anderen Weg geht das US
Patent 7258889 B2 aus dem Jahr 2007, in dem ein Prozess für
einen Sojadrink ohne bohnigen Geschmack beschrieben ist 17 .
Die Sojabohnen werden unter Kohlenstoffdioxidatmosphäre in
entgastem Wasser eingeweicht, gewaschen und anschließend
vermahlen. Durch den Sauerstoffausschluss wird die Fettoxidation
verhindert und beim Vermahlen wird auf hohe Temperaturen
verzichtet. Damit werden die Proteine nicht denaturiert und
die Ausbeute beim Separieren ist erhöht. Die Inaktivierung der
Lipoxygenase erfolgt während der thermischen Behandlung zur
Haltbarmachung des rohen Sojadrinks 15, 17.
Wie dargestellt, sind bereits technologische Lösungen umgesetzt
und verfügbar, um einen qualitativ hochwertigen und
haltbaren pflanzlichen Drink als Analog zu Milch zu produzieren.
Postuliert werden in verschiedenen Studien innovative Technologien,
die im Folgenden hinsichtlich ihres Potenzials zur Lösung
der oben genannten Herausforderungen vorgestellt und evaluiert
werden.
/moproweb.de