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Textilfarbstoff in Lebensmitteln

Mit speziellen Analyseverfahren wollen Lebensmittelwissenschaftler der Universität Hohenheim den für Lebensmittel nicht zugelassenen Textilfarbstoff „Reactive Red 195“ in einem angeblichen „Hibiskus- und Rote-Bete-Extrakt“ nachgewiesen haben. „In der Lebensmittelproduktion werden solche Produkte eingesetzt, um wiederum andere Lebensmittel appetitlich rot zu färben“, erläutert Lebensmittelwissenschaftler Prof. Dr. Reinhold Carle die Brisanz. Das untersuchte Produkt sei vermutlich 2015 auf den Markt gekommen und sollte laut Spezifikation lediglich natürliche Farbstoffe beinhalten. Weil es aber so viel intensiver färbe als bekannte natürliche Lebensmittelfarbstoffe, hätten Lebensmittelhersteller Verdacht geschöpft und sich an die Lebensmittelexperten der Universität Hohenheim gewandt. Ihre Ergebnisse veröffentlichen die Wissenschaftler inder kommenden Dezember-Ausgabe von „Food Control“. Online sind sie bereits veröffentlicht unter http://dx.doi.org/10.1016/j.foodcont.2016.06.012

2015 sei ein neues Produkt auf den Markt gekommen, das intensiv und dauerhaft rot gefärbt habe. Laut Spezifikation habe es allein aus Rote-Bete- und Hibiskus-Extrakten bestanden. „Damit durfte es als natürlich färbendes Lebensmittel bezeichnet werden.“ Die versprochene Stabilität der Färbung habe bei mehreren Lebensmittelherstellern jedoch Zweifel aufkommen lassen, ob das neue Produkt wirklich allein aus natürlichen Zutaten bestünde. Sie hätten sich deswegen an Prof. Dr. Carle und sein Team vom Lehrstuhl Technologie und Analytik pflanzlicher Lebensmittel an der Universität Hohenheim gewandt.

Zugespielte Materialproben enthalten höchstwahrscheinlich „Reactive Red 195“

Für die folgenden Untersuchungen hätten Prof. Dr. Carle und sein Team drei Proben des Färbemittels benutzt, die ihnen von drei Lebensmittelherstellern aus der Bundesrepublik, Frankreich und der Türkei überlassen worden seien. Den Lebensmittelherstellern sei das Material von Händlern angeboten worden.
Nach mehreren Anläufen sei es den Wissenschaftler gelungen, den Verdacht der Lebensmittelhersteller zu erhärten: Laut ihrer Einschätzung rührt die rote Farbe von dem Textilfarbstoff „Reactive Red 195“, der für Lebensmittel nicht zugelassen sei.

Farbstoff-Vergleich erhärtet Verdacht
Bei ihrem Urteil stützen sich die Wissenschaftler auf ein neues, aufwändiges Analyse-Verfahren (Flüssigkeitschromatographie mit gekoppelter Massenspektrometrie), entwickelt von Dipl.-LM-Ing. Judith Müller-Maatsch, die am Lehrstuhl von Prof. Dr. Carle promoviert. Wie in ihrer Publikation beschrieben, hätten sie damit in dem Färbemittel jedoch lediglich Spuren charakteristischer Rote-Bete-Pigmente (Betalaine) entdeckt. Die deklarierten Hibiskus-Pigmente (Anthocyane) hätten gänzlich gefehlt. Stattdessen habe das Färbemittel ein zunächst unbekanntes Farbpigment enthalten, das die Farbbrillanz und Stabilität ausmache.
Diese unbekannte Komponente zeige übereinstimmende Eigenschaften mit einem zum Färben von Textilien verwendeten Azofarbstoff. „Die Analysedaten ließen uns vermuten, dass „Reactive Red 195“ beigemischt sein könnte. Deshalb analysierten wir den Original-Textilfarbstoff in einer vergleichenden Untersuchung“, so Prof. Dr. Carle. Das Ergebnis sei eindeutig, so der Lebensmittelexperte: „Wir können zweifelsfrei davon ausgehen, dass alle drei Muster den identischen Textilfarbstoff enthielten.“

„Was “Reactive Red 195“ im Körper genau bewirkt, wissen wir nicht. Bekannt ist, dass die Chemikalie zu den Azofarbstoffen gehört. Einige stehen im Verdacht, bei Kindern zu Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsstörungen zu führen“, sagt Prof. Dr. Carle. Aufgrund der sogenannten Southampton-Studie von 2007 müssten Lebensmittel, die solche Farbstoffe enthalten, seit 2010 in der EU den Warnhinweis tragen: „Kann Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern beeinträchtigen“.
Als Textilfarbstoff sei „Reactive Red 195“ jedoch zu keinem Zeitpunkt in Lebensmitteln erlaubt gewesen. „

 

 

 

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