Die jüngsten sogenannten Futtermittelskandale haben der deutschen Ernährungswirtschaft und damit auch der deutschen Landwirtschaft geschadet. Der Imageverlust ist immens und es muss dringend an Veränderungen gearbeitet werden. Deutsche Lebensmittel sind sicher, so viel steht fest. Das europäische Lebensmittelrecht ist streng und genau. Wenn allerdings mit krimineller Energie dagegen verstoßen wird, muss über verbesserte Abwehrmaßnahmen nachgedacht werden.
Die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Veterinärwesen ist in Krisenzeiten nicht immer einfach. Größere Molkereiunternehmen in Deutschlands wirtschaften häufig in mehreren Bundesländern und arbeiten daher auch mit dem Veterinärwesen der verschiedenen Regionen zusammen. Milcherzeuger einer Molkerei kommen z.B. aus sieben verschiedenen Bundesländern. Jedes Bundesland hat eigene Abläufe und Zuständigkeiten und es existieren häufig unterschiedliche Ausführungshinweise und Landesverordnungen zu Qualitätsregelungen und Güteschemata. Dies zu durchschauen ist auch für den Fachmann nicht immer leicht. Dazu kommen die oft umlagegestützten Eigenkontrollsysteme der verschiedenen Landesvereinigungen.
Im letzten Futtermittel-Aflatoxin-Fall zum Beispiel waren die Meldewege oft zu lang, die Meldeinformationen nicht immer vollständig. Sperranordnungen wurden beispielsweise teilweise mit der örtlichen freiwilligen Feuerwehr ausgefahren und das im Internetzeitalter. Wenn die Molkereiwirtschaft nicht ein eigenes Überwachungsprogramm aufgelegt hätte, wäre der Fall nicht so früh entdeckt worden. „Ich stelle die Frage: Wo waren die Eigenkontrollsysteme der Importeure und der Futtermittelindustrie", sagt Dr. Engel.
Andere Behörden oder Länder in der Welt üben zusätzlich Kritik am deutschen Veterinärwesen: Russland zum Beispiel vermisst Durchgriffsmöglichkeiten des Bundes und verlangt einen besseren Aufbau und eine verbesserte Kommunikation zwischen den verschiedenen Ebenen. Der deutsche Bundesrechnungshof hat ein eigenes Gutachten mit einem sehr kritischen Ergebnis zur Problematik erstellt. Der Verband der Lebensmittelkontrolleure schließlich verlangt eine zentrale Steuerung und Verbesserung des Meldewesens.
In Anbetracht der genannten Schwierigkeiten schlägt der Milchindustrie-Verband (MIV) einen runden Tisch zur Evaluierung der Schwierigkeiten vor. „So kann es nicht weitergehen", meint der Vorsitzende des Verbandes, Dr. Karl-Heinz Engel. „Am Ende der Diskussion brauchen wir vielleicht eine Verfassungsänderung, um den föderalen Einfluss deutlich einzuschränken. Andere EU-Mitgliedstaaten machen das vor und haben gute Erfahrungen damit gemacht. Die Bundeswehr oder der Zoll werden auch nicht auf Länderebene geführt," erklärt Dr. Engel.
Selbstverständlich vertrauen wir grundsätzlich dem System, aber das Gute kann auch noch verbessert werden. Und die angeregte Reform soll nicht dazu führen, dass jeder Lebensmittelkontrolleur von Berlin aus entsandt wird. Es geht vielmehr um eine Kompetenzverlagerung an bestehende Bundesoberbehörden mit einer Stärkung des Außenvertretungsrechts und Verbesserung der Transparenz und des Meldewesens sowie der Zusammenarbeit der Branchen in der Kette.