Milchindustrie-Verband vor der Presse (von links): Hauptgeschäftsführer Eckhard Heuser, Vorsitzender Dr. Karl-Heinz Engel, Vorstandsmitglied Hans Holtorf (Foto: mi)
Der Milchindustrie-Verband (MIV) erwartet für das laufende Jahr einen Milchpreis von 31-32 Cent (4% F, 3.4% E), erklärte MIV-Hauptgeschäftsführer Eckhard Heuser am 18. Oktober vor der Presse in Berlin. Den Umsatzrückstand aus dem 1. Halbjahr, so Heuser weiter, in Höhe von 0,5 – 1 Mrd. € werde die Branche nicht mehr aufholen können, auch wenn, wie MIV-Vorsitzender Dr. Karl-Heinz Engel, die Zeichen nun auf Preisanhebungen im LEH deuten.
In den letzten 3-4 Woche, erklärte Engel, ist zu akuten Verknappungssituationen im Milchmarkt gekommen. Steigende Futtermittelpreise wie auch die Reaktion der Erzeuger auf die Milchpreise in den letzten Monaten haben die Anlieferungen reduziert. Schon sei es so weit gekommen, dass Molkereien Lieferungen an den LEH nicht mehr voll bedienen können. In den anstehenden Verhandlungen mit den Handelszentralen werde es zu einer Angleichung der Verwertungen kommen, sagte Engel: „Knappe Märkte sind gut für die Preisentwicklung".
Die Exporte, die immerhin ca. 50% der Produktion der deutschen Molkereien binden, laufen insgesamt gut, auch wenn Südeuropa als Abnehmer problematisch geworden ist. Wie Engel ausführte, decken Kreditversicherer viele Länder nicht mehr ab, so dass es für Molkereien entweder auf Umsatz zu verzichten oder Risiken einzugehen heißt. Auch der Russlandexport ist beeinträchtigt. Normalerweise werden 60.000 – 90.000 t/a an deutschem Käse nach Russland verkauft (gelistet für den Russlandexport sind in Deutschland ca. 100 Betriebe, das entspricht einem Viertel der gelisteten EU-Käsereien). Die russische Veterinärbehörde Rosselchosnadsor hat im Moment 20 größere Käsereien mit zusammen 30.000 t relevantem Ausfuhrvolumen für den Export nach Russland gesperrt. Die jüngste Sperrung ostdeutscher Betriebe wurde mit dem Norovirus (ausgelöst durch chinesische Erdbeeren) begründet. Heuser sieht die deutschen Käsereien Russen klar benachteiligt und hofft darauf, dass die Bundesregierung in Gesprächen mit Russland Abhilfe schaffen kann.
Ein Problemfeld sieht der MIV auch in der Bioenergie: Biogasanlagen verknappen die Flächen und treiben die Pachtpreise nach oben, zu Lasten der Milcherzeugung. Diese Entwicklung zusammen mit einem weitergehenden Greening und einer Kappung der Beihilfen am oberen Ende könne die Milchwirtschaft durchaus ernsthaft gefährden. Hier ruft der MIV den Gesetzgeber zum Aufzeigen von sinnvollen Leitlinien auf. Für sinnvoll hält der MIV z.B. integrierte Systeme, in denen eine Biogasanlage gemeinsam mit der Milchproduktion betrieben wird.
Abgelehnt wird von der Branche die verpflichtende Herkunftskennzeichnung der Rohstoffe. Dies ließe sich in Molkereien, die 20% des Rohstoffs im Werksverkehr zwischen den Betrieben transportieren, nur mit extremem Kostenaufwand lösen. Ebenso abgelehnt werden politische Ideen für eine Wieder-Regionalisierung der Milchverarbeitung.
Einen Erfolg konnte Engel berichten: in einem Spitzengespräch bestätigte der Deutsche Bauernverband am 18. Oktober in Berlin, dass auch die Landwirteorganisation am Auslaufen der Quote festhält.
Neu im MIV Vorstand sind Peter Stahl, Hochland, und Tim Oerting Joergensen, Arla Fods Deutschland. Sie folgen Norbert Reuss (FrieslandCampina) und Ulrich Christ (Hochland).