Mehr als 10.000 verschiedene flüchtige Stoffe kommen in Lebensmitteln vor. Doch nur etwa 230 davon prägen das Aroma unserer häufigsten Lebensmittel. Den typischen Geruch eines einzelnen Lebensmittels wiederum kodieren nur drei bis 40 dieser Schlüsselaromen; dechiffriert werden diese Verbindungen von etwa 400 Geruchsrezeptoren in der Nase. Dies zeigen Wissenschaftler in einer Studie, die in der Fachzeitschrift Angewandte Chemie erschienen ist.
Neben den 5 Geschmacksrichtungen süß, bitter, salzig, sauer und umami tragen viele verschiedene Geruchsnoten zum sensorischen Gesamteindruck eines Lebensmittels bei. In den letzten Jahrzehnten wurden etwa 10.000 flüchtige Verbindungen in Lebensmitteln identifiziert. Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) und der Deutschen Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie (DFA) führten eine Meta-Analyse der Geruchsstoffmuster von 227 Lebensmittelproben durch. Dabei erhielten sie ein überraschendes Ergebnis: Die nahezu unbegrenzte Vielfalt an Lebensmittelaromen beruht auf 230 Schlüsselgeruchsstoffen. Außerdem gibt es für jedes Lebensmittel einen individuellen Geruchscode, der sich aus einer Kerngruppe von nur drei bis 40 der 230 Schlüsselaromen – in spezifischen Konzentrationen – zusammensetzt. „So ist zum Beispiel der Duft von Sauerrahmbutter durch eine Kombination aus nur drei Schlüsselmolekülen kodiert, bei frischen Erdbeeren sind es 12“, erklärt Prof. Peter Schieberle von der Deutschen Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie.
Die chemischen Geruchscodes werden beim Verzehr von Lebensmitteln in olfaktorische Reizmuster übersetzt. Dafür müssen die Schlüsselgeruchsstoffe mit einem oder mehreren der 400 Geruchsrezeptoren in der Nase interagieren. „Mit der Kombination von nur wenigen Schlüsselaromen lässt sich eine authentische Geruchswahrnehmung erzeugen. Dies ist umso erstaunlicher, da die Geruchsqualität der Kombinationen nicht von den Einzelkomponenten bestimmt wird“, so Prof. Thomas Hofmann vom TUM-Lehrstuhl für Lebensmittelchemie und molekulare Sensorik.
Optimierte Aromen in der Lebensmittelproduktion
Bislang kennt man 42 Rezeptoren, die auf Lebensmittelaromen ansprechen – wobei die meisten davon mehrere Geruchsmoleküle binden. „Mit der Geruchsstoffkartierung der 230 jetzt bekannten Schlüsselaromen können Wissenschaftler testen, welche Rezeptorkombinationen für Lebensmittelaromen ‚reserviert’ sind“, sagt Hofmann. „So können wir die biologische Relevanz von Aromen künftig noch genauer darstellen.“
Die Kartierung der Geruchscodes eröffnet neue Möglichkeiten für biotechnologische Anwendungen. So kann zum Beispiel bei der Züchtung hilfreich sein, dass die Aromacodes von Nutzpflanzen und Früchten auf molekularer Ebene bekannt sind. Mit der aktuellen Geruchsstoffkartierung wird zudem die natürliche Nachbildung von Aromen mit zunehmender Präzision ermöglicht.