Hinter dem genossenschaftlichen Geist steht der Wunsch, die Interessen der Erzeuger zu schützen. Indem sie ihre Produkte zusammenfassen, gewinnen sie eine größere Verhandlungsmacht gegenüber den Käufern auf dem Markt, um eine bessere Vergütung für den Rohstoff zu erhalten. In diesem Zusammenhang spielen Genossenschaften auch eine soziale Rolle und werden daher in vielen Ländern durch besondere Rechtsvorschriften anerkannt, so auch in Indien, wo sie vor allem in den einzelnen Bundesstaaten tätig sein dürfen. Neben der gleichberechtigten Verteilung der Stimmrechte und der Begrenzung des Kapitals stellt dies ein Wachstumshemmnis dar, da es die Fähigkeit einschränkt, auf einem immer offeneren Markt zu konkurrieren. Dies beheizt in Indien die Debatte über Marktstrategien zwischen der Notwendigkeit, den Gründungsgeist zu bewahren oder sich weiterzuentwickeln, um wettbewerbsfähiger zu werden, der Notwendigkeit, lokal zu operieren, um territoriale Interessen zu wahren, oder der Notwendigkeit, eine nationale Dimension anzunehmen.
In Indien hat sich diese Dynamik kürzlich in Karnataka gezeigt, wo die große Genossenschaft im Bundesstaat Guajarat, die unter der Marke Amul operiert, die heute international unter dem Slogan “Taste of India” bekannt ist, versucht, ihren Milchpool zum Nachteil der lokalen Molkerei Nandini zu erweitern. Das Problem ist nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch ein emotionales. Der Erfolg von Amul erfordert, dass das Unternehmen immer mehr Milch verarbeitet und in immer mehr Bundesstaaten tätig ist, was zur Folge hat, dass es neue Marktanteile auf Kosten der lokalen Genossenschaften erobert. Die territorialen Auseinandersetzungen zwischen Nandini und Amul zeigen auch die Grenzen eines traditionellen Genossenschaftsmodells auf, das sich nicht auf ein potenziell unbegrenztes Wachstum verlassen kann.
Der Schutz der Kleinbauern, die die überwiegende Mehrheit der indischen Erzeuger ausmachen, ist jedoch nach wie vor unerlässlich. Es ist nicht einfach, diese Spannungen zu bewältigen und Wachstum zu “kultivieren”. Amul ist die Erfolgsgeschichte eines Systems von Genossenschaftsverbänden, das auf lokaler Ebene begann und allmählich in einem ausgewogenen Verhältnis zwischen territorialen Bedürfnissen und Marktdynamik wuchs. Dieses System muss sorgfältig geführt werden, damit es nicht dazu verleitet wird, mit der Methode feindlicher Übernahmen zu agieren, die vor allem auf lokaler Ebene zu wirtschaftlichen und sozialen Turbulenzen führen können.
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