In einem gemeinsamen Positionspapier vom 3. September 2018 fordern Greenpeace, foodwatch und Vier Pfoten für alle Nutztierbereiche ein staatliches Kontrollsystem. Es soll alle Erkrankungen bei Nutztieren betriebsgenau erfassen und gegebenenfalls Maßnahmen anordnen. Gemeinsam begründen die drei Organisationen das Positionspapier mit den hohen Erkrankungsraten, die sich angeblich mit einer „Auswahl” von Studien belegen lassen. Ihre Behauptung: Jedes vierte Tierprodukt im Handel stamme von einem kranken Tier – hier wird die Milch ausdrücklich einbezogen.
Aus Sicht der Landesvereinigung der Milchwirtschaft Niedersachsen e.V. (LVN) bezieht dieses Positionspapier sehr einseitig Stellung und verkennt vollkommen die Gesetzeslage und die Situation in der Praxis. Fakt ist: Die Milch sichtbar erkrankter Milchkühe darf und wird nicht an die Molkerei abgeliefert. Eine Zuwiderhandlung ist strafbewehrt. Über die nach der Milch-Güteverordnung vorgeschriebenen Zellzahluntersuchungen, in Verbindung mit den Vorgaben aus dem EU-Hygienerecht, wird im Hinblick auf die Eutergesundheit schon seit Jahren ein ausreichender Rahmen gesetzt.
Unterstellt wird weiterhin, dass die Abgangsraten mit zunehmender Produktionsleistung steigen. Daten aus der Milchleistungsprüfung zeigen aber, dass die Nutzungsdauer der Milchkühe in den letzten zwanzig Jahren nahezu konstant geblieben ist, laut der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rinderzüchter e.V. Untersuchungen von Milchviehherden aus Mecklenburg-Vorpommern zeigten, dass Milchleistung und Krankenstatus nicht voneinander abhängig sind. Milchkühe mit einer höheren Milchleistung müssen nicht öfter behandelt werden als Kühe mit einem niedrigeren Leistungsniveau, laut der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern. Zu guter Letzt wird gefordert, ein Bonus-, Malus-Vergütungs-System zu etablieren. Auch dies ist in der Milchwirtschaft durch die Abzugsregelungen der Milch-Güteverordnung längst gang und gäbe.
Aus Sicht der Milchwirtschaft lässt sich festhalten: Einzeltier- und betriebsgenaue Datenerfassung sind in den Milchviehbetrieben bereits etabliert (Milchleistungsprüfung) und werden sehr genau genutzt. Viele Betriebe in der Bestandsbetreuung erfassen systematisch alle Erkrankungen. Haustierärzte dokumentieren die festgestellten Erkrankungen und Klauenpfleger ihre Befunde. Darüber hinaus lassen Daten aus der automatisierten Tierbeobachtung (Aktivitätsmessung, AMS) frühzeitig Hinweise auf Erkrankungen zu. Monitoringsysteme sind nützlich für die Arbeit vor Ort, aber nicht für die Überwachung der Betriebe.