x

Kontraproduktiv! Tierwohl hoch und Preise runter

Datum: 27.07.2024Quelle: VMB

Seit Einführung der Tierwohlprogramme und Auslobung der Haltungsformen auch für die Produktgruppe Milch überbieten sich die Akteure des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) darin, wer noch schneller welches Sortiment in einer noch höheren Haltungsform im Regal gelistet hat. Im Verkehr würde die dabei gezeigte Dynamik keiner regulären Geschwindigkeitskontrolle auf der Grundlage der Straßenverkehrsordnung standhalten. Aber der Markt (oder der LEH?) scheint wirklich seine eigenen Gesetze zu haben, eine Entschleunigung weit und breit nicht in Sicht. Auffällig seit Einführung der Haltungsform im Segment Trinkmilch: Die “2”, also Haltungsformstufe 2, scheint beim LEH eine nicht bekannte Ziffer zu sein. Das Marktgeschehen beginnt beim LEH erst bei Haltungsformstufe 3. In dieser Woche gab der EDEKA-Verbund (also Edeka und Netto Marken-Discount) bekannt, wieder einen “wichtigen Meilenstein in der Tierwohl-Strategie” erreicht zu haben: Erstmals würden mehr als eine Milliarde Liter Milch aus Haltungsform 3 und höher bezogen.
Soweit so gut. Auch die Milcherzeuger sind bereit, in höhere Haltungsformstufen und somit in mehr Tierwohl zu investieren. Vor allem aber die Sprunghaftigkeit bei der Definition der einzuhaltenden Kriterien sorgen neben der bereits angesprochenen Dynamik für immer mehr Unmut. Und dann wäre da auch noch die Wertschöpfung. Während an den Tierwohlprogrammen teilnehmende Betriebe in der Regel noch mit einem Aufschlag rechnen können, hoffentlich nicht auf Kosten des Grundpreises der auf der Grundlage der gesetzlichen Vorschriften wirtschaftenden Betriebe, sorgt die vom LEH festgelegte Preisgestaltung in den Regalen für immer größer werdende Verärgerung. Schon bei der Einführung der Haltungsformauslobung wurde bei den Eigenmarken auf eine Preisanhebung verzichtet. Jetzt werden sogar die Eigenmarken mit höherer Haltungsform wiederholt als Wochenangebote verbilligt angeboten. Hier hat sich besonders Branchenprimus Aldi besonders profiliert, indem in der vergangenen Woche die ESL-Eigenmarke “gut bio” und diese Woche die H-Eigenmarke “Milsani” jeweils 20 Cent/l resp. 20 Prozent verbilligt angeboten wurde. Die Milcherzeuger sollen also möglichst dynamisch die Tierwohlkriterien nach oben weiterentwickeln und auf der anderen Seite “gewöhnt” der LEH seine Verbraucherschaft sukzessive daran, dass Mehrwertprogramme auch weiterhin zu einem äußerst günstigen Preis zu erwerben sind. Perspektivisch äußerst kontraproduktiv und alles andere als “nachhaltig”!!

 

 

Dr. Hans-Jürgen Seufferlein / VMB

Artikel mit Bildern drucken Artikel ohne Bilder drucken

Newsletteranmeldung

Bitte geben Sie Ihre Daten an.
Felder mit * sind Pflichtfelder.
Bitte wählen Sie die passenden Newsletter aus:
Datenschutz:

Newsletterabmeldung

Die Abmeldung von unseren Newslettern ist über den Abmeldelink am Ende jedes Mailings möglich.