Mit Speck fängt man Mäuse, mit Milch- und Milchprodukten die Verbraucherschaft. Diese Strategie des deutschen Lebensmitteleinzelhandels ist nicht wirklich neu, zahlt sich aber gerade in Zeiten gestiegener Lebenshaltungskosten und hoher Inflation vor allem mit Blick auf die doch spürbar gestiegenen Lebensmittelpreise noch mehr aus. Dabei treiben die Discounter die Vollsortimenter vor sich her, die wiederum mit den eigenen Discount-Töchtern dagegen zu halten versuchen. In gewissen Maße gehört diese Strategie auch ein Stück weit zur Marktwirtschaft, einzelne Produkte für eine befristete Zeit “im Angebot” zu haben.
Aber die Dimensionen derartiger Auslobungen nehmen mittlerweile geradezu groteske Züge an. Bei Markenbutter bekannter Herstellermarken ist es inzwischen Normalität, dass jede Woche gleich mehrere Händler einen Rabatt von bis zu 50 Prozent auf den regulären Endverbraucherpreis gewähren. Und bei Joghurt ist die Reduzierung um über 60 (!) Prozent als fester Bestandteil der Wochenprospekte auch keine wirkliche Ausnahme mehr.
Neu in den Fokus gerückt in dieser Palette der “Lockvogelangebote” ist in den vergangenen Wochen auch die Trinkmilch. Nicht wirklich neu, dass einzelne Händler e i n Produkt dieser breiten Angebotspalette reduziert anbieten. Dass aber einzelne Händler ein so breites Angebot des gleichen Produktes “im Angebot” haben, gab es bisher in diesem Ausmaß noch nicht. Vergangene Woche waren beim EDEKA-Ableger Netto Marken-Discount sage und schreibe sieben Trinkmilchen für die gesamte Woche preisreduziert angeboten. Dabei wurde nichts und niemand verschont: Ob Eigenmarke, Herstellermarke, Biomilch, Milch mit Zuschlag (“Ein Herz für Erzeuger”) oder auch Sorten mit Sonderauslobung (Tierschutzlabel oder Bergbauern): Alles war dabei!. Auch wenn diese Aktionen in der Regel vom Handel alleine gestemmt werden, gewöhnt man die Verbraucherschaft mit solchen Aktionen weiter daran, auch für Mehrwertmilchen wenig(er) bezahlen zu müssen. Aus Sicht der Erzeuger ist es da nur ein schwacher Trost, dass auf allen Produkten der Hinweis “deutsche Herkunft” prangt. Das Bekenntnis zur deutschen Herkunft müsste eben auch von deutlich mehr Wertschöpfung begleitet sein.
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