Verbände
Quelle: VBPM

Vertragsfreiheit statt staatlicher Diktate

 

 

VBPM-Jahrestagung 2025 in München, von links: Präsident Robert Hofmeister, Geschäftsführerin Susanne Glasmann, Gastredner Prof. Holger Thiele

Auf der Mitgliederversammlung des Verbands der Bayerischen Privaten Milchwirtschaft e.V. (VBPM) wurde am 17. Juni in München nicht nur Bilanz gezogen, sondern vor allem ein klares Bekenntnis zur Vertragsfreiheit und gegen staatliche Eingriffe in privatwirtschaftliche Vertragsbeziehungen formuliert. Präsident Robert Hofmeister betonte: „Verlässliche Beziehungen zwischen Molkereien und Milcherzeugern basieren auf Partnerschaft, Verhandlung und Marktkompetenz – nicht auf gesetzlichen Vertrags- und Preisvorgaben. Vertragsfreiheit ist das Rückgrat einer funktionierenden Milchwirtschaft.“

Im Mittelpunkt standen die künftigen Schwerpunkte der Verbandsarbeit. Dazu zählt insbesondere die gezielte Kommunikation vor allem auf Landes-, aber bei Bedarf auf Bundes- und EU-Ebene. Ziel bleibt es, wirtschaftlich tragfähige und sachgerechte Rahmenbedingungen für die privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen der Milchwirtschaft zu sichern. Ein weiteres Augenmerk liegt auf der Stärkung des verbandseigenen Informationsnetzwerks. Mitglieder werden weiterhin mit kartellrechtlich einwandfreien, praxisnahen Rundschreiben versorgt.

Die Zusammenarbeit des VBPM mit anderen Organisationen wie milch.bayern e.V., der ABEW und dem Milchindustrieverband (MIV) soll intensiviert werden. Diese Kooperationen ermöglichen es dem Verband, bayerische Perspektiven in bundesweite und europäische Gremien einzubringen. Die Erfahrungen der letzten Jahre – von der Corona-Pandemie bis zur Energiekrise – haben gezeigt, wie wichtig die Fähigkeit zur schnellen, abgestimmten Krisenbewältigung ist. Hier bleibt der VBPM verlässlicher Ansprechpartner für Politik, Verwaltung, Medien und insbesondere für seine Mitglieder.

Im Bereich der Qualitätssicherung baut der Verband auf die etablierte Leistung des Milchprüfring Bayern e.V. im Hinblick auf die Untersuchung der Rohmilch. Gemeinsam werden Standards gesichert, weiterentwickelt und an neue Anforderungen angepasst. Zudem engagiert sich der VBPM aktiv im Bereich Forschung und Innovation, um seine Mitglieder stets fundiert zu informieren.

Art. 148 GMO – ein Dauerproblem

Höhepunkt der Nachmittagsveranstaltung war der Vortrag von Prof. Dr. Holger Thiele vom Institut für Ernährungswirtschaft (IFE) in Kiel. In seinem Beitrag analysierte er die Auswirkungen des Art. 148 GMO auf den Milchmarkt und kam zu einem klaren Ergebnis: Die Umsetzung des Artikel 148 GMO wie aktuell auf EU-Ebene diskutiert, sei ökonomisch nicht zielführend und in der Praxis weitgehend wirkungslos. Damit bestätigte Thiele die Position des VBPM, der staatliche Preis- und Vertragsvorgaben grundsätzlich ablehnt.

Aktuell laufen in Brüssel Bestrebungen, dass Art. 148 GMO obligatorisch in den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden muss. Einbezogen werden sollen ausdrücklich auch Genossenschaften. Im Fokus stehen die Produktionskosten, die in der Bezahlung verpflichtend zu berücksichtigen sein sollen, Landwirte sollen darüber hinaus ein einseitiges Kündigungsrecht bekommen.

Thiele stellte fest, dass 80% der Milchpreisschwankungen bei uns durch den Weltmarkt verursacht werden. Die Parität zum US-Dollar ist hierbei einer der entscheidenden Faktoren: ein schwacher Dollar bewirkt sinkende Milchpreise in der EU. In der Praxis, wenn Art. 148 GMO, eingeführt würde, werden die monatlichen Milchpreise durch einen Risikoabschlag geringer sein als bei bisherigen Liefermodellen. Die Höhe des Preisabschlags hängt von vielen Einflussfaktoren ab, in der Summe können sich für die Lieferanten gravierende Liquiditätsprobleme ergeben – vom erhöhten Bürokratieaufwand für die gesamte Lieferkette nicht zu sprechen (den am Ende auch die Landwirte finanzieren müssten).

Kurzzusammenfassung der Diskussion in der Veranstaltung VBPM 17.07.25

 

Die bestehende Regelung in der GMO (Gemeinsame Marktordnung) zu den Vertragsbeziehungen sieht vor, dass ein schriftlicher Vertrag zwischen den beteiligten Parteien erforderlich ist, wenn ein Mitgliedstaat entscheidet, dass jede Lieferung von Rohmilch oder landwirtschaftlichen Erzeugnissen einen solchen Vertrag erfordert.

Eine Änderung dieser Regelung ist nun auf EU-Ebene in der Diskussion, sodass ein nicht nur schriftlicher Vertrag für alle Lieferungen obligatorisch werden würde – was in Deutschland ohnehin erfüllt wird. Auch weitere Schritte in der Erzeugerkette, wie die Lieferung von Milcherzeugnissen oder landwirtschaftlichen Produkten durch Genossenschaften, sollen unter die Regelungen der Artikel 148 und 168 der GMO fallen. In den Verträgen sollen darüber hinaus zukünftig Preisformeln berücksichtigt werden müssen, die auch die Produktionskosten verpflichtend einbeziehen. Zudem soll eine Revisionsklausel eingeführt werden, die den Erzeugern ein einseitiges Kündigungsrecht einräumt. Mitgliedstaaten hätten jedoch die Möglichkeit, Ausnahmen von der Verpflichtung zu schriftlichen Verträgen zu machen.

Dieser neue Vorschlag der EU-Kommission zu den Artikeln 148 und 168 würde zu einer weiteren bürokratischen Belastung führen – daher lehnt die Milchwirtschaft dieses Vorhaben entschieden ab.

Das EU-Parlament wird sich bis September 2025 mit dem Vorschlag der Kommission positionieren, und ein Trilog zwischen der Kommission, dem Parlament und dem Rat könnte noch im selben Jahr zur Verabschiedung führen. Zudem wird Ende des Jahres eine Evaluation der UTP-Richtlinie (unfaire Handelspraktiken) erwartet, bei der möglicherweise die “Nichtdeckung der Produktionskosten” als verbotene Handelspraktik eingestuft wird.

Die neuen Herausforderungen bestehen darin, die Produktionskosten in der Preisbildung für Milcherzeugnisse zu berücksichtigen. Gleichzeitig führen Kostenschwankungen und gesellschaftliche Anforderungen, wie CO2-Reduktionen und Verbesserungen in der Tierhaltung, zu einer Veränderung der bisherigen Preismodelle. Die geplanten neuen EU-Vorgaben für Milchlieferverträge und Preisfestlegungen sind nicht notwendig, da kein Marktversagen vorliegt, und da die geplanten Vorgaben zu Risikopreisabschlägen führen könnten. Die eigentlichen Herausforderungen liegen vielmehr in der optimalen Umverteilung der Wertschöpfung aus dem Molkereiumsatz an die Lieferanten und in der Schaffung marktorientierter Preismodelle mit oder ohne Preisrisikomanagement.

VBPM-Geschäftsführerin Susanne Glasmann: „Die private Milchwirtschaft in Bayern steht für unternehmerische Vielfalt, Marktnähe und Innovation. Der VBPM wird auch in Zukunft mit klarem Kurs die Interessen seiner Mitglieder vertreten – unabhängig, kompetent und verlässlich.“

 

Fotos: VBPM

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