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Vertrauen in die Politik?

Datum: 30.06.2022Quelle: molkerei-industrie

 

„Lange Zeit, ja sogar viele Jahrzehnte, waren die Preise für Lebensmittel rückläufig, trotzdem haben die deutschen Landwirte immer mehr davon produziert. Niedrige Preise für Milch und Fleisch, auch für Getreide wurde durch höhere Effizienzen, höhere Leistungen und höheren Flächenvertrag ausgeglichen. Dieses Effizienz-Kartenhaus, das man den Bauern auferlegt hat, ist nun unter anderem auch wegen des Krieges zusammengebrochen“, erklärte Martin Boschet (Foto), Geschäftsführer der Hohenloher Molkerei am 30. Juni auf der Generalversammlung der Genossenschaft in Schwäbisch Hall.

Durch die von der Politik, dem deutschen LEH und dem Reden nach auch von Verbrauchern gewünschte sogenannte Transformation der deutschen Landwirtschaft hin zu mehr Tierwohl werden enorme Investitionen im Agrarsektor notwendig sein, für die alle Beteiligten aber Planungssicherheit und Unterstützung benötigen. Für Ideologie ist hier kein Platz, sagte Boschet.

„Wenn der einzelne Landwirt und seine Familie kein Vertrauen in Politik und Handel hat, weil man in der Vergangenheit zu oft enttäuscht wurde und „Mehrwert“ sehr schnell zum geforderten Standard wurde, ohne dass überhaupt noch über den notwendigen Mehrpreis gesprochen wurde, dann sollte man sich nicht wundern, wenn auch der Umbau der Tierhaltung zu noch mehr Tierwohl erst gar nicht mehr angegangen wird und die Stalltüre geschlossen wird“, so Boschet weiter. “Wenn Minister Özdemir und seine Parteifreunde die Tierbestände reduzieren, werden gerade die Familienbetriebe unwiederbringlich zum Ausstieg getrieben, die man eigentlich für die Weiterentwicklung der Tierhaltung behalten will.” Eine Reduktion der Tierhaltung in Deutschland und der ständige Hinweis, dass man sich verstärkt pflanzlich ernähren soll, werde nicht dazu führen, dass die Deutschen weniger essen, es würden vielmehr die Lebensmittelimporte aus dem Ausland steigen, ohne dass nach deutschen Standards produziert wurde, sei es beim Pflanzenschutz, sei es beim Tierwohl, so Boschet weiter

 

Geschäftsentwicklung

Von eigenen Milcherzeugern hat die Hohenloher Molkerei 2021 400 Mio. kg Milch erfasst (- 6 Mio. kg). Zugekauft wurden 8,7 Mio. kg Milch und Sahne, gegenüber 13,2 Mio. kg im Vorjahr. Die Gesamtmilchverarbeitung reduzierte sich damit um 10,6 Mio. kg auf 408,8 Mio. kg.  Der Umsatz lag bei 230,3 Mio. Euro (+ 2,3 %). Die Ertragslage im abgelaufenen Geschäftsjahr war generell positiv, im Jahresdurchschnitt wurden höhere Verkaufserlöse bei Butter, Konsummilch, Versandmilch, Sahne- und Milchfrischprodukten realisiert, der Produktmix war erneut tragfähig.

Die mit Abstand größte Erlösverbesserung, nämlich 26,6 %, konnte das Unternehmen mit Magermilchkonzentrat generieren. Dieser Bereich soll ausgebaut werden. Noch im Herbst dieses Jahres soll ein weiteres Membran-Modul angehängt werden, was die Kapazität auf 300.000 l/d bringen wird.

Der Milchpreis für das abgelaufene Geschäftsjahr lag im Durchschnitt aller Milchqualitäten bei 4,2 % Fett und 3,4 % Eiweiß bei brutto 42,07 Cent/kg. Für Biomilch wurden bei 4,2 % Fett und 3,4 % Eiweiß netto 50,32 Cent/kg bezahlt.

Die Zahl der Mitarbeiter hat sich im Jahr 2021 gegenüber dem Vorjahr auf 165 Beschäftigte reduziert.

 

Produktsparten

Der Absatz von H-Produkten hat sich um 4,8 Mio. kg oder 1,8 % auf 260,7 Mio. kg reduziert. Die Produktionsmengen bei Frischmilch „länger haltbar“ und bei Milchfrischprodukten waren um 3,5 % bzw. 2,3 Mio. kg auf 61,5 Mio. kg rückläufig.

Der Butterabsatz hat sich 2021 um 9,8 % auf 9.835 t reduziert. Der Absatz von frischer Schlagsahne (+65,1 %) und H-Sahne (+17,4 %) konnte deutlich gesteigert werden.

Das Versandmilchgeschäft musste aufgrund geringerer Milchmengen eingeschränkt werden. Insgesamt gingen 56,6 Mio. kg Milch (inkl. Konzentrat) in den Versand zu in- und ausländischen Kunden.

 

Investitionen

Die Investitionsmaßnahmen in Höhe von 4,1 Mio. Euro wurden komplett mit Eigenmitteln finanziert. Die Abschreibungen beliefen sich im Jahr 2021 auf 3,8 Mio. Euro. Neben baulichen Maßnahmen, hier insbesondere geleistete Abschlagszahlungen für eine neue doppelstöckige Lagerhalle inkl. neuer Rampen, wurden diverse technische Anlagen, wie eine gebrauchte Butterabpackmaschine, und verschiedene neue Milchlagertanks zur Erhöhung der Flexibilität, Qualität und Milchsortentrennung installiert.

 

Bilanz

Das Anlagevermögen beträgt in der Bilanz 2021 19,6 Mio. Euro. Die liquiden Mittel betragen 27,3 Mio. Euro und liegen damit deutlich höher als 2021. Diese Veränderung ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Zum einen stichtagsbezogen, zum anderen auf die Umsetzung der UTP-Richtlinien, einhergehend mit realisierten Zahlungszielverkürzungen. In den geringeren Forderungen aus Lieferungen und Leistungen wird dies auch deutlich. Die Bilanzsumme liegt mit 78,1 Mio. Euro 4,3 Mio. Euro über dem Vorjahr.

 

Milchpreisabsicherung über Warenterminbörse

Dass die Hohenloher Milcherzeuger bis zu 30 % ihrer Milchmenge an der Warenterminbörse absichern können, sorgt lt. Boschet mittlerweile für Beachtung in ganz Europa. Allein im laufenden Jahr wurden ca. 18,5 Mio. kg Milch von unseren Landwirten gemeinsam mit der Hohenloher Molkerei an der Warenterminbörse abgesichert. Über 145 Landwirte der Genossenschaft sind mittlerweile zum Handel angemeldet.

Energie

„Angesichts beinahe totaler Unsicherheit im Energiebereich ist für uns momentan überhaupt nicht mehr daran zu denken, eine neue Energiezentrale mit einem BHKW mit 1 MW elektrischer Leistung zu errichten, so wie wir es geplant hatten,“ so Boschet. Die Energiekosten des Unternehmens lagen 2021 bei 3,6 Mio. € und sind bis Mai 2022 um über 18 % auf 4,7 Mio. Euro angestiegen. In Summe werden die Gesamtenergiekosten in diesem Jahr um mindestens 2,2 Mio. Euro steigen. Nicht berücksichtigt ist eine möglicherweise vorzeitige Kündigung des Gasliefervertrags durch den Versorger, was 3 Mio. € Mehraufwand bedeuten könnte.

 

Tethered Caps

Durch die Tethered-Caps-Vorgaben der EU muss die Molkerei sieben Abfüllmaschinen ersetzen, was die größte Investition in der Unternehmensgeschichte erzwingt. Die Folge werden hohe Belastungen durch Abschreibungen sein, die über dem bisherigen Niveau liegen.

 

 

Roland Sossna / moproweb

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