Politico berichtet über eine britische Familienkäserei, die verärgert ist über den erhöhten Papierkram und die bis zur letzten Minute anhaltende Unsicherheit über den Brexit, die den Milchsektor besonders hart getroffen hat. Die sehr späte Ankündigung eines Deals war äußerst problematisch”, sagte Ben Hutchins, Verkaufs- und Marketingdirektor des Cheddar-Käseproduzenten Lye Cross Farm in der Nähe von Bristol. Das liegt daran, dass sich die EU-Kunden der Firma vor der Einigung an Heiligabend mit Vorräten eindecken mussten, da sie nicht wussten, ob es zum 1. Januar eine Einigung geben würde oder nicht.
“Die LKWs waren in dem Grenzchaos gefangen, was für einige Sendungen erhebliche Kosten verursacht hat. Wäre das Abkommen früher zustande gekommen, wäre das nicht nötig gewesen”, erklärte Hutchins und merkte an, dass die Pandemie die Situation zusätzlich “verschlimmert” habe.
Doch das ist nicht der einzige Einschnitt, den der Brexit für die Unternehmen mit sich bringt. Während der Käser “dankbar ist, dass es keine Zölle” auf die Produkte der Firma als Teil des Brexit-Handelsabkommens gibt, “gibt es erheblichen neuen Zollpapierkram”, sagte Hutchins. Ein Tierarzt muss nun ein EU-Exportgesundheitszertifikat für jede ihrer Sendungen unterschreiben und es gibt auch neuen Papierkram und Anforderungen für Bio-Produkte. “Das alles kostet Geld”, so Hutchins, “die Verwaltung wird in Zukunft eine erhebliche neue Belastung für EU-Exporte darstellen.” Das sind keine unbedeutenden Kosten, da 91 Prozent der britischen Milchexporte derzeit in die EU gehen. “Es wird unweigerlich Auswirkungen auf die Preisgestaltung für unsere Kunden und/oder auf unsere Marge geben”, sagt Hutchins. “Es bleibt abzuwarten, wie viele Kunden ihre Käufe angesichts der neuen Vereinbarungen, die wir treffen mussten, aufrechterhalten werden”. Das Unternehmen habe bereits einige EU-Geschäfte aufgrund der Unsicherheit verloren.
Ende November warnte das regierungsunabhängige Agriculture and Horticulture Development Board (AHDB) in einer Analyse, dass die Milchmärkte sowohl in Großbritannien als auch in der EU im Jahr 2021 mit einigen Störungen zu rechnen haben, unabhängig davon, welche Art von Handelsabkommen vereinbart wird.
Reibungen an der Grenze würden zu einem Ungleichgewicht im Handel mit frischen Milchprodukten führen. Die Unmöglichkeit, Sahne oder Magermilchkonzentrat in großen Mengen schnell über die Grenze zu bringen, wird zu Überschüssen führen und die Preise auf beiden Seiten der Grenze unter Druck setzen.
Die Störungen an den Grenzen waren bisher minimal, weil die EU vor dem neuen Jahr Waren auf Vorrat kaufte. ” Ende Januar/Anfang Februar wird der Druck an den Grenzen spürbar, wenn die Warenvorräte zur Neige gehen.
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