Den Auftakt zum diesjährigen Berliner Milchforum am 12. und 13. März bildete eine Podiumsdiskussion zu Thema „Liberalisierung statt Regulierung – Wem hilft`s“ . Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Praxis waren sich einig darin, dass die Chancen für Milcherzeuger und –verarbeiter die Risiken bei weitem überwiegen. Übereinstimmung gab es auch in der Feststellung, dass höhere Milchaufkommen vor allem durch steigende Exporte qualitativ hochwertiger Milcherzeugnisse verwertet werden könne. Die Politik ist gefordert, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, um Handelshemmnisse zu beseitigen.
Vor rund 500 Teilnehmern betonte der Vorsitzende des Milchindustrieverbandes Dr. Karl-Heinz Engel die Notwendigkeit, die heutige günstige Ausgangslage auf dem Milchmarkt zu nutzen, um durch gemeinsame Anstrengungen von Milcherzeugern und Molkereien den Export hochwertiger Milcherzeugnisse zu fördern. Die Politik stehe dabei in der Verantwortung, geeignete Bedingungen für einen funktionierenden Außenhandel zu schaffen.
Starke Politik – Starke Milcherzeuger – Starke Molkereien
Unter diesem Motto ging Dr. Theodor Seegers, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, auf die Aufgaben dieser drei Akteure im internationalen Wettbewerb ein.
Er informierte über den gegenwärtigen Stand der Milcherzeugung in Deutschland, über den wachsenden Milchverbrauch weltweit und den daraus resultierenden Exportmöglichkeiten.
Milcherzeuger und Molkereien haben ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessert, die Politik hat die Steuerung der Wirtschaftsprozesse durch den Markt akzeptiert und die Unternehmen sollten ihre Chancen und Risiken abwägen, die zunehmende Volatilität der Preise beachten und auch Terminmärkte stärker nutzen.
Den deutschen Milchmarkt im internationalen Umfeld analysierte Monika Wohlfarth, Geschäftsführerin der Zentralen Milchmarkt Berichterstattung GmbH, mit eindrucksvollen Zahlen und Bildern. Als Nr.1 in der EU und Nr. 6 in der Welt bei der Milcherzeugung wird für Deutschland der Export von Milcherzeugnissen bei stagnierendem Inlandsverbrauch immer wichtiger. Milchprodukte werden weltweit auch in Zukunft stärker nachgefragt werden, insbesondere in Drittländern. Produktions- und Absatzschwankungen werden auch künftig zu schwankenden Preisen führen.
Ob eine von der EU geplante Marktbeobachtungsstelle nötig sei, wurde von einem Zuhörer gefragt. Eher nicht, lautete die Antwort. Wichtiger wären wirksame Instrumente, um bei erkannten Krisen gegenzusteuern.
Blick nach Frankreich
Einen Einblick in die französische Milchwirtschaft erhielten die Teilnehmer des Forums durch die Ausführungen von Benoit Rouyer (CNIEL) und Michel Debes (Präsident von Alsace Lait). Anders als in Deutschland ist in Frankreich die Milchquote an die landwirtschaftliche Nutzfläche gebunden, so dass eine Übertragung schwierig ist und den Strukturwandel in der Landwirtschaft begrenzt.
Ohne die Milchquote auszuschöpfen, ist auch in Frankreich die Milcherzeugung gestiegen und soll in den nächsten Jahren um weitere 30% zunehmen. Mit der Annäherung des in Frankreich erzielten Milchpreises an den von Neuseeland (2013 nur 1,2 ct/kg höher) haben sich die Chancen für den Export von Milchprodukten stark verbessert.
Um eine übermäßige Steigerung der Milcherzeugung mit den damit verbundenen Risiken zu vermeiden, schlie0en die Molkereien mit den Milcherzeugern 5-Jahresverträge über die Milchmengen ab. Damit soll eine kontrollierte Entwicklung verwirklicht werden, die die Wünsche der Erzeuger, die Kapazität des Marktes und die technische Entwicklung der Molkereien berücksichtigen.
Wie überlebt Frau Antje?
Eine enge Zusammenarbeit zwischen Milcherzeugern und Milchindustrie ist nach Meinung von Dr. Tjeerd de Groot, Geschäftsführer des niederländischen Milchindustrieverbandes (NZO), ein wesentlicher Erfolgsfaktor der Milchwirtschaft. In unserem Nachbarland. Unter dem Leitspruch „Nicht Themen folgen, sondern Themen setzen“ kommuniziert die NZO besonders vier Schwerpunkte: Markt, Ernährung, Nachhaltigkeit und Qualität.
Die Bedeutung des Exportes für die niederländische Milchwirtschaft belegen folgende Zahlen: Bei einem Anteil von nur 8% an der europäischen Milchproduktion werden 20% des EU-Milchexportes realisiert. Wurden 2009 für 4,1 Mrd. € Milcherzeugnisse exportiert, so stieg der Wert auf 6,4 Mrd. € für 2013.
Brauchen wir einen neuen Milchverband in Deutschland?
Der Landwirt und Vorsitzende der Landesvereinigung der Milchwirtschaft Niedersachsen e.V. Jan Heusmann bezeichnet die öffentliche Wahrnehmung der Milchwirtschaft in Deutschland insgesamt als gut.
Allerdings kommt es in jüngster Zeit des Öfteren zu kritischen Äußerungen gegenüber den Milchproduzenten und den Molkereien. Umweltverbände und Tierschützer kritisieren den Methanausstoß der Rinder, den Import von Futtermitteln, die Formen der Tierhaltung usw.
Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Einzelaktionen von Unternehmen und die Öffentlichkeitsarbeit der Landesverbände reichen seiner Meinung nach nicht aus.
Heussmann schlägt die Bildung eines Branchenverbandes für die Milchwirtschaft vor, der die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesländer koordiniert, die Qualitätsarbeit zusammenführt und international auftritt. Er schätzt die Kosten für einen solchen Verband auf etwa 0,01 ct/kg Milch.
Das 6. Berliner Milchforum wird am 12. und 13. März 2015 stattfinden.