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Rechtlicher Kommentar
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Wegbolzen des LkSG?

 

 

Bundeskanzler Scholz hat jüngst angedeutet, dass das Lieferkettengesetz (LkSG) abgeschafft werden könnte. Rechtsanwalt Daniel Roßbach von der Wirtschaftskanzlei Rödl & Partner hält diese Aussage für einen Beschwichtigungsversuch, dessen tatsächliche Umsetzung weit höhere rechtliche Hürden entgegenstehen als lediglich die parlamentarische Mehrheitsfindung. Ob eine „Rückabwicklung“ des LkSG umsetzbar sein wird, sei aus rechtlicher Sicht zumindest mit einigen Fragezeichen zu versehen:

Zum einen ist zu berücksichtigen, dass bereits in Art. 1 Abs. 2 der im Sommer beschlossenen CSDDD (EU-Lieferketten-Richtlinie) ein Verschlechterungsverbot zu lesen ist. Dies bedeutet, dass – sofern bereits bei Inkrafttreten der CSDDD strengere nationalgesetzliche Regulatorik vorliegt – eine Senkung des vorgesehenen Niveaus des Schutzes der Menschenrechte, Beschäftigungs- oder sozialen Rechte oder des Umwelt- oder Klimaschutzes der nationalen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten verboten und die nationale Regulatorik beizubehalten ist. Ein Angleichen des LkSG an die CSDDD dürfte hingegen in einem im Einzelfall zu prüfenden Rahmen möglich sein.

Intensität und Umfang dieses Verschlechterungsverbot werden in der Praxis noch zu diskutieren sein, ebenso wie die Frage, ob hieraus eine „echte“ Sperrwirkung resultiert. In jedem Fall führt das in Art. 1 Abs. 2 CSDDD verankerte Verschlechterungsverbot jedoch dazu, dass ein Aussetzen des LkSG europarechtlich zumindest fragwürdig ist.

Ein ähnlicher Ansatz lässt sich zudem aus Art. 20a GG herleiten. Art 20a GG enthält die Staatszielbestimmung der Umweltstaatlichkeit, welche u.a. die Berücksichtigung von Generationengerechtigkeit und ökologische Gerechtigkeit zum Ziel hat. Auch hieraus resultiert – jetzt auf Ebene deutschen Verfassungsrechts – ein Verschlechterungs- bzw. Rückschrittsverbot für Nachhaltigkeitsbelange. Eine Abschaffung des LkSG könnte gegen diesen Grundsatz verstoßen.

Diese rechtlichen Implikationen vorausgeschickt, ist auf rein tatsächlicher Ebene darüber hinaus zweierlei zu berücksichtigen: Zum einen beanspruchen Gesetzgebungs- und Gesetzaufhebungsprozesse bereits rein praktisch einige Zeit und haben unterschiedlichste Hürden auf dem Weg zur parlamentarischen Verabschiedung zu nehmen. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass die derzeit medienwirksam vernommenen Stimmen der arbeitgebenden Wirtschaft lediglich eine Seite der Medaille darstellen. Auf der anderen Seite der Medaille stehen Arbeitnehmer und die Unternehmen, welche das LkSG unter anfänglich großem Aufwand bereits erfolgreich umgesetzt haben.
Zusammenfassend ist vor diesem Hintergrund ein sofortiges „Wegbolzen“ des LkSG rechtlich jedenfalls kritisch zu hinterfragen. Gleichwohl ist nicht auszuschließen, dass rechtliche Bedenken – gerade in Zeiten eines aufbrandenden Wahlkampfs – in Kauf genommen werden und diese einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung überlassen werden. Mit Blick auf die Umsetzungsfrist der CSDDD am 26. Juli 2026 wäre dann ohnehin denkbar, dass dieses Thema obsolet wird. Berücksichtigt man den bürokratische Aufwand der betroffenen Unternehmen wäre jedenfalls wünschenswert, dass die Bundesregierung die Umsetzung der CSDDD frühzeitig anstößt, um eine interessengerechte und durchdachte Implementierung in das nationale Recht zu gewährleisten.

Autor: Rechtsanwalt Daniel Roßbach, Senior Associate bei Rödl & Partner. Er ist zertifizierter Compliance Officer (TÜV Süd) und berät Unternehmen und deren Inhaber vorwiegend im Vertragsrecht und Datenschutzrecht.

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