In Blicknähe zum Bundeskanzleramt, dem Zentrum der deutschen Politik, ging die zweitägige Jahrestagung des Milchindustrie-Verbandes (MIV) in Berlin zu Ende. Der Bundesminister für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat, Alois Rainer, unterstrich in seinem Impulsvortrag die große Bedeutung der Milch im Bereich Land- und Ernährungswirtschaft für unser Land. „Die deutsche Milchwirtschaft versorgt uns täglich mit leckeren, wertvollen Produkten, und auch im Ausland sind deutsche Milchprodukte sehr gefragt. Erfolgreich wirtschaften funktioniert, wenn Freiräume geschaffen und unternehmerisches Handeln erleichtert werden. Dafür setze ich mich weiter ein – mit Verlässlichkeit, Planbarkeit und intelligentem Bürokratieabbau. Wir arbeiten zudem an einer modernen Agrarexportstrategie, um die Wettbewerbsfähigkeit unserer heimischen Unternehmen im internationalen Handel weiter zu stärken.“
Wir gehen in die richtige Richtung
„Damit dieser Sektor auch in Zukunft stark bleibt, braucht es „weiteren Bürokratieabbau, vernünftige und praxisnahe Gesetze und Verordnungen und faire und gute Bedingungen am Markt“, forderte der MIV-Vorsitzende Detlef Latka, Hochwald Foods GmbH, und lobte Bundesminister Alois Rainer, in die richtige Richtung gestartet zu sein. „Wir sind gespannt und optimistisch, wie es weitergeht, besonders im Hinblick auf die Themen Bürokratieabbau, EUDR und dringend benötigte Planungssicherheit für Investitionen.“
2025 war ein gutes, aber auch ein schwieriges Jahr
Latka zeigte sich zufrieden: „Wir haben in den ersten rund neun Monaten Erstaunliches geleistet. Nachdem die Branche im letzten Jahr durch die Blauzungenkrankheit gedrosselt wurde, haben wir zu Anfang dieses Jahres die Maul- und Klauenseuche (MKS) gut gemeistert. Dabei hat der MIV hervorragend mit dem damals noch BMEL genannten Ministerium zusammengearbeitet und oft und schnell die Exporthemmnisse aus dem Weg geräumt. Deswegen und mit ein bisschen Glück sind wir so gut durch diese Krise gekommen.“
Die Marktlage war in diesem Jahr insgesamt sehr gut für die Molkereien und die Milcherzeuger. Besonders die Märkte für Käse und Butter haben bislang die Milchwirtschaft getragen.
Die Zeiten des hohen Niveaus neigen sich dem Ende zu
Nun verdichten sich die Anzeichen, dass die Zeit des sehr hohen Preisniveaus für Milchprodukte zu Ende geht. Die Milcherzeugung steigt im Vergleich zum blauzungenkrankheitsbedingten schwächeren Vorjahr. Außerdem ist die Milch wieder fetthaltiger als im Vorjahr. Der Euro ist stark, der Dollar schwach, dazu drängen besonders Butterimporte auf den Europäischen Markt, die den Absatz der heimischen Industrie erschweren. Zudem ist aktuell die Nachfrage außerhalb Deutschlands nach Käse schwächer, dem stärksten Standbein der Milchwirtschaft.
„Wir kommen von einem hohen Niveau und pendeln uns nun wieder bei Normal-Null ein, die Lage normalisiert sich. Das Problem für die Milchverarbeiter: Butter und Käsepreise geben bereits nach, der Milchpreis hält aber noch sein hohes Niveau“, sagte MIV-Hauptgeschäftsführer Dr. Björn Börgermann und forderte alle Marktbeteiligten zu einem vernünftigen Handeln auf in der sich wandelnden Situation.
Milchproduktion weiterhin im Wandel
Die Zahl der Milcherzeuger sinkt seit Jahren auf mittlerweile unter 48.000 und genauso nehmen auch die Milchkuhzahlen um rund 2,5 % im Vorjahresvergleich (rund 3.580 Mio.) ab. Deutschland bleibt damit das wichtigste Land für Milchproduktion in Europa, trotz des fortgesetzten Strukturwandels.
Die Rohmilchanlieferungen an die deutschen Molkereien haben sich in den ersten sieben Monaten von 2025 kalenderbereinigt um 1,8 % unter dem Vorjahresniveau bewegt. Seit August liegen sie deutlich höher als in den Vorjahreswochen, die durch Einbrüche aufgrund der grassierenden Blauzungenkrankheit gekennzeichnet waren. Gleichzeitig war der Milchpreis bislang sehr hoch.
Milchpreis auf sehr hohem Niveau
Deutschland hat im Bundesschnitt einen Milchpreis von etwa 53 Cent/kg für konventionelle Rohmilch für den Zeitraum Januar bis Juli 2025 erreicht. Für die deutschen Milcherzeuger zeichnet sich damit für das Kalenderjahr 2025 ein Milchpreis einschließlich der Nachzahlungen ab, der nah am Rekordjahr 2022 bei 53,2 Cent/kg lag. Für das laufende Jahr zeichnet sich für Biomilch ein Preis mit rund 66 EUR/kg ab, der damit so hoch ist wie noch nie zuvor.
 Käse bleibt stark nachgefragt
Der Pro-Kopf-Verbrauch 2024 entwickelte sich unterschiedlich je nach Milchprodukt: Bei Konsummilch hielt sich das Niveau des Vorjahres (bei rund 46 kg/Kopf), wohingegen der Käsekonsum auf einen Rekordwert von 25,4 kg/Kopf stieg. Der durchschnittliche Butterverbrauch (5,5 kg) wiederum ist leicht gesunken, nicht zuletzt aufgrund der hohen Preise, aber weniger als erwartet. Biomilch und Quark steigen im Absatz in Richtung Verbraucher.
Vegane Alternativen
Uneinheitlich war die Nachfrage im Lebensmittelhandel über das Jahr hinweg bei den veganen Alternativen. Während vegane Drinks (+8,5 %) und Joghurtalternativen (+4,5 %) im Jahresdurchschnitt stärker gefragt waren, brach die Nachfrage nach Käsealternativen um beinahe 10 % ein.
Situation an den internationalen Märkten
Die deutsche Milchindustrie hat im vergangenen Jahr ihren Auslandsumsatz wieder leicht steigern können auf rund 11,8 Mrd. EUR. Insbesondere Käse ist auch im Export dieses Jahr wieder stark gefragt gewesen, der schwache Dollar war vielfach hinderlich für ein erfolgreicheres Exportgeschäft. Butter war zuletzt in Deutschland und Europa recht „hochpreisig“ im Vergleich zum Rest der Welt, aktuell entspannt sich die Situation an den globalen Märkten.
Unterm Strich betrachtet, die Milchwirtschaft ist eine starke Branche. Gleichwohl wissen wir um die möglichen auf uns zukommenden Herausforderungen. Gemeinsam mit der aktuellen Bundesregierung wollen wir den Rahmen für die Zukunft gestalten. Wir hoffen auf eine faire und konstruktive Zusammenarbeit, damit die Milchwirtschaft weiterhin das Zugpferd im Sektor Ernährungsbranche bleibt, so das Statement des MIV.