Eine aktuelle Auswertung von 95 wissenschaftlichen Übersichtsarbeiten belegt: Der regelmäßige Konsum von Milch und Milchprodukten steht nicht im Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für nichtübertragbare Krankheiten oder einer erhöhten Sterblichkeit. Im Gegenteil kann der regelmäßige Verzehr das Risiko für verschiedene Erkrankungen sogar senken. Die umfassende Studie haben Forschende des Else Kröner Fresenius Zentrums (EKFZ) für Ernährungsmedizin der Technischen Universität München (TUM), des Universitätsklinikums Freiburg und des Kompetenzzentrums für Ernährung (KErn) an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) erstellt. Die Originalpublikation ist im renommierten „European Journal of Clinical Nutrition“ erschienen.
Milch und Milchprodukte gelten in Expertenkreisen auch im Erwachsenenalter als gesunde Nahrungsmittel – sie werden von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zum täglichen Verzehr empfohlen. Dennoch sind Verbraucherinnen und Verbraucher zunehmend verunsichert. Denn: Milch wird in den sozialen Medien teilweise als ungesund dargestellt. Diese pauschale Behauptung wird nun von der aktuellen Übersichtsstudie widerlegt. Die mit Milchkonsum verbundenen Wirkungen werden überwiegend als neutral oder sogar vorteilhaft eingestuft.
Die Studie basiert auf einer umfassenden Recherche von zwischen 2014 und 2024 in den wichtigsten medizinischen Datenbanken erschienenen Literatur sowie Auswertungen des World Cancer Research Fund. Damit liefert sie einen aktuellen und wissenschaftlich fundierten Überblick.
„Unsere Studie zeigt: Milch und Milchprodukte liefern hochwertige Proteine und zahlreiche weitere wertvolle Nährstoffe und sind aus gesundheitlicher Sicht ein bedeutender Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung“, so Dr. Martin Kussmann, Leiter Ernährungswissen und Innovation am Kompetenzzentrum für Ernährung.
Milch wirkt sich neutral oder gesundheitsförderlich aus
In der Analyse wurden insgesamt 281 Zusammenhänge erfasst, die zwischen dem Konsum von Milch oder Milchprodukten und den häufigsten Volksleiden in den 95 einbezogenen Studien beschrieben wurden. Dabei ergab sich folgendes Bild:
In 38 Prozent der untersuchten Zusammenhänge wurde ein vermindertes Erkrankungsrisiko bei Milchkonsum festgestellt.
48 Prozent der ausgewerteten Daten deuten auf keinen Zusammenhang zwischen Milchkonsum und erhöhter Krankheitsgefahr hin.
Bei 10 Prozent der Ergebnisse war der Zusammenhang unklar.
Nur 4 Prozent der Zusammenhänge zeigten ein erhöhtes Risiko für negative Gesundheitseffekte.
Dabei wurde deutlich: Der Konsum von Milch und Milchprodukten in den von der DGE empfohlenen Mengen senkt vor allem das Risiko von kardiovaskulären Erkrankungen sowie Darmkrebs. „Da diese Krankheiten vor allem in wohlhabenden Ländern sehr häufig vorkommen, können selbst kleine Risikominderungen durch die Ernährung einen bedeutenden Beitrag zur Prävention leisten“, sagt Saskia Akyil, eine der Erstautorinnen der TUM-Studie. Wer gerne Milch trinkt, scheint auch nicht häufiger übergewichtig zu sein oder an Typ-2-Diabetes zu erkranken. In Sachen Knochengesundheit konnten keine Belege gefunden werden, die für oder gegen den Konsum von Milch im Erwachsenenalter sprechen.
Fermentierte Milchprodukte sind besonders gesund
Das Forscherteam ging zudem der Frage nach, wie sich die verschiedenen Milchprodukte in ihrer Gesundheitswirkung unterscheiden. Tatsächlich scheinen fermentierte Milchprodukte wie Joghurt oder Käse besonders gesundheitsförderlich zu sein. Einige Studien weisen darauf hin, dass Joghurt zum Beispiel das Risiko für Typ-2-Diabetes senken kann. Das macht deutlich, dass fermentierte Milchprodukte gesundheitliche Vorteile bieten können, die über ihre Nährstoffe hinausgehen. „Während der Fermentation vermehren sich probiotische Bakterien und es entstehen bioaktive Substanzen, die zum Beispiel Entzündungen eindämmen und damit den Stoffwechsel und die Herzgesundheit verbessern können“, sagt Prof. em. Dr. Hans Hauner von der TUM.
Fettarm oder Vollmilch? Das spielt keine Rolle!
Milchfett besteht hauptsächlich aus gesättigten Fettsäuren, die seit Jahren kritisch betrachtet werden. Allerdings hat die aktuelle Übersichtsarbeit diese Bedenken nicht bestätigt. Demnach spielt es keine Rolle, ob man fettarme Milch und Milchprodukte oder lieber Vollmilch und daraus hergestellte Produkte konsumiert. In der Fachwelt wird diskutiert, dass die so genannte „Milchmatrix“ hier eine Rolle spielen könnte. Das bedeutet, dass andere, günstige Milchinhaltsstoffe die Fette quasi neutralisieren und deren negative Wirkung aufheben.
Hintergrund zum Projekt „Update Milch: Neues aus der Wissenschaft“
Milch und Milchprodukte galten lange als ausgesprochen gesund, inzwischen wird ihr Effekt auf die Gesundheit, neben der Diskussion um Klimawandel und Tierwohl, in der Fachwelt und Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Um die Diskussion zu versachlichen, hat das KErn das Projekt „Milch – Update aus der Wissenschaft“ gemeinsam mit renommierten Forschungspartnern ins Leben gerufen. Das KErn bündelt das Wissen rund um Ernährung und kommt damit seinem Auftrag nach, Ernährungskompetenz in ganz Bayern zu fördern. Das Institut für Ernährungsmedizin des EKFZ der Technischen Universität München (TUM) hat darum unter der Leitung von Prof. em. Dr. Hans Hauner im Rahmen dieses Kooperationsprojektes von 2022 bis 2024 eine umfassende Analyse der Fachliteratur erstellt. Beteiligt waren zudem das Institut für Evidenz in der Medizin (IfEM) am Universitätsklinikum Freiburg, das Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn).
Die Studie ist verfügbar unter: https://www.nature.com/articles/s41430-025-01639-5