Nach drei Jahren intensiver Forschung im Rahmen des Projekts BioVal – Biodiversity Valuing and Valuation haben führende Wissenschaftler und Praxispartner aus der Lebensmittelbranche in Berlin ihre Ergebnisse vorgestellt. Im Fokus steht die Frage, wie die negativen Auswirkungen der Lebensmittelproduktion auf die Biodiversität verringert und positive Wirkungen entfaltet werden können. Gefördert wurde das Projekt durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
Das Forschungsprojekt BioVal hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Biodiversität in der Wertschöpfungskette von Lebensmitteln zu schützen und zu fördern. Durch die Entwicklung von Instrumenten und Managementtools soll der Schutz der Biodiversität in den Unternehmen fest verankert werden. An dem Projekt mitgewirkt haben die wissenschaftlichen Institutionen Zentrum für Nachhaltige Unternehmensführung (ZNU) an der Universität Witten/Herdecke, das Zentrum Technik und Gesellschaft (ZTG) an der Technischen Universität Berlin und die Universität Augsburg sowie die drei Unternehmen Ritter Sport, FRoSTA und Seeberger.
Dr. Ulrike Eberle Projektleiterin BioVal vom ZNU betont: „Unternehmen tragen eine große Verantwortung, ihre Geschäftsmodelle an Nachhaltigkeit auszurichten. Der Schutz und die Förderung von Biodiversität sollten dabei im Mittelpunkt der Bemühungen stehen. Die Auswirkungen der Lebensmittelbranche auf den Verlust der Biodiversität sind dabei immens – wahrscheinlich sogar größer als die Auswirkungen auf den Klimawandel. Die Bedrohung für die Menschheit durch den Verlust der Artenvielfalt ist mindestens genauso groß wie die durch den Klimawandel. Über den Klimawandel reden alle, aber über Biodiversität bisher nur wenige. Das muss sich dringend ändern.“
Appell an die Politik
Im Rahmen der Abschlusstagung wurde ein dringender Appell an die Politik gerichtet. In einem offenen Brief, der an den Vorsitzenden des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft des Deutschen Bundestages, Hermann Färber, geht, fordert das BioVal-Team drei zentrale Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität:
Verpflichtende Regeln für Unternehmen zum Schutz der Biodiversität
Unternehmen sollen verpflichtet werden, Biodiversität als festen Bestandteil ihrer Berichterstattung und Unternehmensstrategien zu etablieren, mit klaren Zielen, Indikatoren und jährlichen Fortschrittsberichten. Klare gesetzliche Vorgaben sind notwendig, um den Schutz der biologischen Vielfalt verbindlich für alle Unternehmen umzusetzen.
Internalisierung der Umweltkosten
Die Nutzung und Verschmutzung von Natur und Biodiversität muss einen Preis haben. Externe Kosten, die durch die Zerstörung der Natur entstehen, sollen in den Markt integriert werden. Hierzu fordert das BioVal-Team die Entwicklung von Instrumenten, die Unternehmen zur Rechenschaft ziehen und die Kosten für Umweltschäden internalisieren.
Honorierung von Schutzmaßnahmen durch land- und fischereiwirtschaftliche Betriebe
Unternehmen, die Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität ergreifen, sollen dafür angemessen entlohnt werden. Die Vergütung für Ökosystemleistungen, wie z.B. die Wiederherstellung von Biodiversität, muss an klare, verbindliche Kriterien geknüpft werden, um langfristig Anreize zu schaffen.
Konkrete Ergebnisse und Maßnahmen des Projektes
BioVal hat gemeinsam mit den drei Unternehmen konkrete Instrumente entwickelt, um Biodiversität entlang der Lieferkette managen zu können. Dazu gehören:
das Praxishandbuch “Biodiversitätsmanagement”, das konkrete Anleitungen gibt, wie Biodiversität in das Nachhaltigkeitsmanagement integriert werden kann und das auf die im Projekt entwickelten Instrumente eingeht
eine Ökoregionenkarte, die die unterschiedliche Wertigkeit verschiedener Ökoregionen weltweit darstellt und die genutzt werden kann, um eine erste Einschätzung für Beschaffungsregionen zu erhalten hinsichtlich des Risikos negative Auswirkungen auf die Biodiversität zu erzeugen oder umgekehrt hinsichtlich der Chancen, etwas Gutes für den Biodiversitätsschutz erreichen zu können
Fragebögen, um die Lieferanten im Hinblick auf ihr Engagement für den Schutz von Biodiversität vergleichend bewerten zu können
ein Dashboard, um die Auswirkungen durch die Lebensmittelproduktion auf Produktebene zu quantifizieren (BVI-Methode) und daraus konkrete Maßnahmen abzuleiten
ein Baustein, wie der Schutz von Biodiversität im Code of Conduct für Lieferanten verankert werden kann
ein Foliensatz für interne Schulungen, um für die Wichtigkeit von Biodiversitätsschutz zu sensibilisieren. Der Foliensatz beinhaltet Fakten zur Bedeutung von Biodiversität, insbesondere für die Lebensmittelerzeugung, zeigt aber auch konkrete Handlungsmöglichkeiten auf.
Alle Instrumente wurden auch durch weitere Unternehmen aus dem Arbeitskreis Biodiversität des Projekts erprobt.