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MIV: Milchpolitischer Frühschoppen 2015 in Berlin

Den traditionellen „Milchpolitischen Frühschoppen“ in Berlin eröffnete der Vorsitzende des Milchindustrie-Verbandes (MIV), Dr. Karl-Heinz Engel, am 20. Januar mit der Aussage, dass die Milchwirtschaft das anstehende Freihandelsabkommen mit den USA positiv sehe. „Spätestens seit der Russlandkrise wissen wir, wer Freund und weniger Freund ist“, sagte Engel. Dabei unterstütze er die Haltung von Agrarminister Christian Schmidt: Schutz der Rezepturen ja, aber mit Augenmaß.

Eingehend auf die aktuelle Marktlage wies Engel darauf hin, dass die globalen Megatrends unverändert stimmen, die weltweite Nachfrage nach Milchprodukten stärker wachse als die Produktion, und dass Deutschland ist ein Gunststandort für die Milchproduktion bleibt. Daher sollte die Branche weiter positiv eingestellt bleiben.


Das Podium auf dem Milchpol. Frühschoppen (von links): Dr. Robert Kloos, BMEL, MdEP Maria Heubuch, Hans Holtorf, MIV, Moderator Anselm Richard, Günther Felßner, BBV (Foto: mi)

Im Folgenden versuchte ein ungewohnt ruhiger Milchpolitischer Frühschoppen unter dem Motto „Große Molkereien, verunsicherte Verbraucher, Milcherzeuger im Strukturwandel – Ein verzerrtes Bild unserer Branche?” mit Vorurteilen aufzuräumen. Vorurteile, die vor allem die Diskutantin Maria Heubuch, Europaabgeordnete der Grünen, in die Runde brachte.

Ideologie kontra Fakten

Heubuch (Foto:mi) betete dem Auditorium, nicht unerwartet, die gesamte milchmarktpolitische Litanei von Grünen, BDM und ABL herunter. Ihre Hauptkritikpunkte waren der Export, der lokale Milchwirtschaften beeinträchtige („Was hat uns Milcherzeugern der Weltmarkt gebracht?), industrielle Maßstäbe in Erzeugung und Verarbeitung, das Nicht-Decken der Vollkosten der Milchproduktion durch den Milchpreis und natürlich blieben auch die Forderung nach einer Bonus-Malusregelung zur Steuerung des Milchmarktes und nach einer Rückbesinnung auf rein regionale Märkte nicht unerwähnt. Heubuch erwähnte auch das (Un)Wort „Milch-Tsunami“, was im Auditorium spürbaren Unmut erweckte, da die Produktion im Moment schon wieder gebremst verläuft.

Fakten kontra Ideologie

Dies wollten die übrigen Sprecher auf dem Podium so nicht durchgehen lassen.Günther Felßner, Stellv. Präsident des Bayerischen Bauernverbandes, wies darauf hin, dass in den 31 Jahren Quotengeschichte 75% der weltweiten Milcherzeuger ihre Produktion verdoppelt haben – nur die Bauern in der EU mussten ihr Wachstum und damit ihre Erlöschancen zurückhalten. Er, so Felßner, hätte sich gewünscht, dass die Quote spätestens im Jahr 2000 gefallen wäre – nun seien noch einmal weitere 15 Jahre vergangen, was der Politik kein gutes Zeugnis ausstelle. Die Strukturen, sagte der BBV-Funktionär, würde bestimmt vom technischen Fortschritt und nicht von der Agrarpolitik oder der Gesellschaft. Extensivierung und Rückwärtsdenken bedeuteten nichts anderes als Vernichtung von Wertschöpfung und damit die Existenzvernichtung bäuerlicher Betriebe. Vielmehr gelte es, an der „Markterschließungsfront“ offensiv zu bleiben. Gegenüber Neuseeland könne Deutschland zwar nicht die Kosten-, aber doch die Qualitätsführerschaft behaupten.

Hans Holtorf (Foto: mi), frischli Milchwerke und stell. Vorsitzender des Milchindustrie-Verbandes, sekundierte Felßner mit der Feststellung, dass die Exporterlöse sich direkt auch im Milchpreis niedergeschlagen haben, und dass Markt- und Markenaufbau nach einer gewissen Unternehmensgröße verlangen.

Dr. Robert Kloos, Parlamentarischer BMEL-Staatssekretär, wies darauf hin, dass ab dem 1. April die Branche ihr Wohl und Wehe selbst in der Hand haben wird. Der Staat habe keine Möglichkeit mehr, die Milchpreise zu beeinflussen, und werde nur noch Rahmenbedingungen etwa bei Umwelt- und Tierschutz setzen. Eine Beeinflussung der Marktvolatilität könne keine Politik leisten. Dass die Landwirte ihre Eigenverantwortung anerkennen, zeige sich schon daran, dass die Anlieferung um 2-4% über der Quotenvorgabe liegt, erklärte Kloos. Längerfristig werde sich der Milchpreis zwischen 30 und 40 Cent bewegen – zu diesen Erlösen müsse die Branche eben kostendeckend arbeiten können. Kloos riet der Milchwirtschaft zu längerer Kontraktlaufzeit mit dem LEH, Innovation und Diversifizierung und der Erschließung von Exportmärkten. Die Schlacht mit Exportsubventionen sei aber ein für alle Mal vorbei, heute gelte es, kaufkräftige Märkte zu erschließen. Gunststandorte wie Deutschland hätten eine Verantwortung für die globale Ernährungslage, ein Rückzug aus dem Export wäre eine Sünde an der Welternährung, sagte Kloos.

Felßner zufolge sind die hohen Standards, unter denen die europäische Milchwirtschaft produziert, übrigens ein direkter Wettbewerbsvorteil im internationalen Markt.

Kommunikation

Wer im Übrigen mit der „Größe“ der Erzeugerbetriebe und der Molkereien die Verbraucher verunsichert, der zeichne ein Zerrbild der Realität, so Kloos, der damit auf das Tagungsmotto einging. Holtorf vertiefte dies mit seinem Hinweis, dass eine Kommunikation mit dem Verbraucher nicht Sache einer zentralen Stelle, sondern Einzelarbeit für jede Molkerei und alle Milcherzeuger sei. Zur Kommunikation der Leistung der Branche biete sich das freiwillige Nachhaltigkeitsmodul im QM Milch an. Hiermit wäre eine einfache, wirksame und kostengünstige Lösung dafür zu finden, wie man dem Verbraucher Antworten liefern kann. Die Kommunikation mit dem Verbraucher sieht Holtorf als „Riesenchance“ für die Branche, die darüber Verbraucherbedürfnisse entdecken und erfüllen kann.

Mengensteuerung?

Inwieweit die Branche zu einer internen Mengensteuerung kommen kann, darauf blieb der Milchpolitische Frühschoppen indes die Antwort schuldig. Kloos erklärte, dass eine solche Regelung wohl zu treffen sei, will das Weitere aber der Branche selbst überlassen. Felßner, der sich schon von der Milchquote enteignet fühlt, wandte sich gegen jede weitere Gängelung durch den Staat, etwa im Bereich des Vertragswesens zwischen Landwirt und Milchkäufer. Ein Diskussionsbeitrag aus dem Publikum brachte es möglicherweise auf den Punkt: eine Mengensteuerung ist gar nicht nötig, der Markt wird ja alles regulieren …

 

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