Die russische Käseproduktion hat sich seit dem Lebensmittelembargo von 2014 schätzungsweise vervierfacht. Es herrscht jedoch die allgemeine Auffassung, dass Russland trotz dieses starken Wachstums nicht in der Lage war, europäischen Käse in vollem Maße zu ersetzen, der vor den Sanktionen in dem Land sehr beliebt war. Dies ist zum Teil auf die unzureichende Qualität der Milch zurückzuführen, vor allem aber auf das Fehlen geeigneter Technologien und die hohen erforderlichen Investitionen. Die weiteren Entwicklungsperspektiven scheinen jedoch ungewiss, da die Nachfrage auf dem heimischen Markt durch die derzeitige Armut weitgehend begrenzt ist.
Der russische Käseverbrauch ist im Vergleich zu Ländern mit anderen Volkswirtschaften immer noch gering und liegt bei 9,4 kg pro Kopf, hinzu kommen 1,8 kg ähnlicher Produkte, die mit Pflanzenölen hergestellt werden. Der Verbrauch dieser Produkte begann 2014 infolge der sinkenden Kaufkraft zu steigen und machte zeitweise 30 % der Nachfrage aus. Ihre Beliebtheit ging jedoch zurück, nachdem die Regierung neue Etikettierungsvorschriften einführte und vorschrieb, dass Imitate in den Regalen getrennt von Käse angeboten werden müssen.
Im Jahr 2021 verzeichnete der Milchsektor höhere Kosten für Futtermittel, die größtenteils in China hergestellt werden, für Ausrüstung und Ersatzteile sowie für Verpackungsmaterial, dessen Preis im vergangenen Jahr um 45 % gestiegen ist. Auch die im Juli 2021 eingeführte neue Kennzeichnungspflicht für Milcherzeugnisse hat den Verarbeitern Schwierigkeiten bereitet.
Hinzu kommt das demografische Problem: Nach Angaben des staatlichen Statistikamtes Rosstat ist die Bevölkerung Russlands im vergangenen Jahr um mehr als eine Million Menschen zurückgegangen, was einen Rekord seit dem Ende der Sowjetunion darstellt. Das Hauptproblem beim Käsekonsum dürfte jedoch die schlechte wirtschaftliche Lage sein, denn laut Rosstat leben 17,8 Millionen Russen, d. h. 12,1 % der Bevölkerung, unterhalb der offiziellen Armutsgrenze von 154 US-Dollar pro Monat. Nicht weniger als 60 % der Russen geben die Hälfte ihres Einkommens für Lebensmittel aus, und fast 96 % sind von den steigenden Lebensmittelpreisen betroffen.
Der Einmarsch in die Ukraine und die daraus resultierenden internationalen Sanktionen werden das Armutsproblem voraussichtlich erheblich verschärfen. Die finanziellen Beschränkungen dürften die Käseeinfuhren aus der Schweiz, Argentinien und Uruguay, den wichtigsten Lieferländern neben den Ländern der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, allen voran Weißrussland, erheblich verringern.