4 1 2020 | moproweb.de
Grenzen
des Wachstums?
Der Milchmarkt in den 20er Jahren
mi | mi-Meinung
Mit dem Jahreswechsel
beginnt
für den Milchmarkt
eine neue
Dekade, die neue Herausforderungen
mit sich bringen wird. In
den 10er Jahren waren Liberalisierung,
das Ende der Milchquote
in der EU und Volatilität der
Preise Punkte, die die Marktbeteiligten
immer wieder beschäftigt
haben. Im neuen Jahrzehnt
werden wahrscheinlich andere
Themen Einfluss auf das Marktgeschehen
haben. Bereits im
Vorfeld werfen neue Schlagworte
ihre Schatten voraus. Klima-,
Boden- und Artenschutz Tierschutz
sowie nachhaltige Verpackungen
rücken mehr in den
Fokus. Eine junge Generation
fordert lautstark ein Umdenken
und praktiziert auch einen anderen
Ernährungsstil, mit einer zunehmenden
Bedeutung von veganen
Lebensmitteln. Ob sie ihre
Forderungen auch nachhaltig in
Taten umsetzen wird, werden die
nächsten Jahre zeigen.
Die Nachhaltigkeit – unter der
man die diversen Postulate grob
zusammenfassen kann – hat das
Potenzial, den Milchmarkt in den
nächsten Jahren zu verändern.
Sie könnte Grenzen des Wachstums
aufzeigen und einen weiteren
Anstieg der weltweiten
Milcherzeugung ausbremsen.
Erste Auswirkungen sind bereits
zu erkennen: In den Niederlanden
sinkt die Milchmenge seit 2017,
da Obergrenzen für die Ausbringung
von Phosphat aus der Tierhaltung
auf die landwirtschaftlichen
Flächen respektiert werden
müssen. Vorschläge für neue
Nitratbegrenzungen bestimmen
in dem Nachbarland aktuell die
politische Diskussion. Der Klimawandel
hat Australien seit
Jahren fest im Griff. Die Milcherzeugung
war als Folge in den
vergangenen Jahren rückläufig
und ist im letzten Wirtschaftsjahr
auf ihren tiefsten Stand
seit mehr als zwei Jahrzehnten
gesunken. Der Exportüberschuss
des einst drittgrößten Exporteurs
von Milchprodukten der
Welt sinkt kontinuierlich. In Neuseeland,
das nach der EU aktuell
der zweitgrößte Lieferant von
Milchprodukten für den Weltmarkt
ist, ist kürzlich ein Gesetzespaket
für die Reinhaltung von
Frischwasser vorgelegt worden,
dessen Umsetzung nach Studien
der Milchbranche die Milchproduktion
bis 2050 um fast ein
Viertel reduzieren könnte. Hinzu
sollen weitere Maßnahmen wie
Klimaneutralität kommen. Auch
für die deutschen Milcherzeuger
stehen höhere Auflagen wie die
Verschärfung der Dünge-Verordnung
an. Gleichzeitig setzt sich
der Pfad der Liberalisierung in
der internationalen Handelspolitik
derzeit teilweise nicht fort,
wie der russische Importstopp
und die jüngsten Strafzölle der
USA zeigen.
Bevor die strukturellen Veränderungen
in den kommenden
Jahren stärker greifen könnten,
wird das neue Jahr 2020 ausgeglichener
beginnen als die Vorjahre.
Von einigen „Altlasten“ konnte
man sich 2019 bei guter internationaler
Nachfrage befreien.
Nachdem die Milcherzeugung
der Exportländer im abgelaufenen
Jahr insgesamt stagnierte,
konnten die hohen Bestände an
Magermilchpulver unerwartet
schnell abgebaut werden. Gleichzeitig
ist die mehrjährige Knappheit
am Buttermarkt gewichen.
Damit haben sich die Preise für
Butter und Magermilchpulver
normalisiert, was die absolute
Höhe und die Relation zueinander
betrifft. Der Brexit wird kommen;
aber das Vereinigte Königreich
bleibt bis Ende 2020 noch
im gemeinsamen Binnenmarkt.
Damit stehen die Vorzeichen für
das neue Jahr auf stabil bis fest.
Monika Wohlfarth
ZMB, Berlin