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Haltungsformkennzeichnung Milchprodukte ante portas

Datum: 27.08.2021Quelle: VMB

Einer macht bekanntlich immer den Anfang, meist sind das sogar immer dieselben. Im April 2018 hatte Lidl einen “Haltungskompass” für unterschiedliche Tierhaltungsformen eingeführt. Wie üblich zogen die anderen Handelsunternehmen nach, allerdings mit eigenen Haltungskennzeichnungen. Nachdem dieses Wirrwarr an Systemen beim Verbraucher eher für Verunsicherung denn für Aufklärung gesorgt hat, einigten sich die Lebensmittelhändler schließlich zum 1. April 2019 unter dem Dach der “Initiative Tierwohl” auf eine einheitliche Kennzeichnung der Haltungsformen. Mittlerweile ist die vierstufige Haltungsformkennzeichnung im Fleischbereich gut etabliert. Ab kommendem Jahr will der Lebensmitteleinzelhandel die Auslobung der Haltungsform auch auf Milch und Milchprodukte ausdehnen.

Im System der Haltungsformen sind bereits jetzt Kriterien für die Haltung von Milchvieh definiert, wenn es darum geht, Fleisch dieser Tiere, vor allem der Schlachtkühe, für den Verbraucher zu kennzeichnen. Inwieweit die bestehenden Kriterien nun auch 1:1 für Milchprodukte gelten, wird seit geraumer Zeit in zahllosen Fachgremien und Arbeitsgruppen diskutiert. Um das System einfach und kompatibel mit anderen Systemen zu machen, soll beim Start der Haltungsformkennzeichnung für Milch und Milchprodukte gelten, dass Erzeugnisse aus einem Betrieb mit einem bestandenen Audit QM-Milch auf der Grundlage des seit 1. Januar 2020 gültigen Standards QM-Milch 2020 in Haltungsstufe 1 einsortiert wird. Das ist gesetzlicher Standard und beinhaltet auch die gesetzlich zulässige ganzjährige Anbindehaltung. Der Lebensmitteleinzelhandel, der mittlerweile als Mitglied und Träger von QM-Milch bei allen diesbezüglichen Diskussionen verantwortlich eingebunden ist, ist gefordert, dies auch für seine Eigenmarken zu akzeptieren. Die Haltungsform 2 wird auch einige Kriterien enthalten, die über den gesetzlichen Standard hinausgehen, die nicht explizit im Standard QM-Milch 2020 ausgewiesen sind. Diese stellen deshalb eine Mehrleistung dar, die auch in Form eines Aufschlages, womöglich in Verbindung mit der geplanten Auslobung des Labels QM-Milch, abgegolten werden müssten. Auf jeden Fall muss in Haltungsformkennzeichnung der Stufe 2 neben der Milch aus Laufstallhaltung auch die Milch aus Kombihaltung in aktuell der Wertschöpfungskette Milch, also inklusive des Handels, definierten Form Berücksichtigung finden. Heißt konkret: Vor allem 120 Tage Bewegung und dies mindestens 2 Stunden pro Tag.

Die aktuell festgelegten und öffentlich zugänglichen Beschreibungen für die Haltungsform Milchvieh beinhalten noch nicht alle diese abgestimmten, noch in der Diskussion befindlichen bzw. geforderten Vorgaben. Das ist aber nicht überraschend und auch nicht beunruhigend, werden doch die Anforderungen zur Einstufung in die jeweilige Haltungsform in regelmäßigen Abständen überarbeitet. Mit Blick auf die Haltungsformkennzeichnung für Milch und Milchprodukte konzentriert sich die Diskussion gegenwärtig ausschließlich auf die Stufen 1 und 2. Die Stufen 3 und 4 sind – anders als beim Frischfleisch mit den bekannt ambitionierten Vorgaben des Handels – derzeit noch kein wirkliches Thema im Milchbereich, wenngleich die Vorgaben für Stufe 3 (Laufhof, Offenfrontstall bzw. Weidegang nach den Vorgaben des Siegels “Pro Weideland”) ebenso keine großen Geheimnisse sind wie die Kriterien der Stufe 4, der alle Bio-Standards wie Naturland, Bioland und Demeter zuzuordnen sind.

Aber die Diskussion konzentriert sich derzeit auf den großen Block der in die Stufen 1 und 2 einzuordnenden Milch und Milchprodukte, natürlich auch im Hinblick auf das Bestreben des Lebensmitteleinzelhandels, mit und bei seinen Eigenmarken über sein von ihm selbst kreiertes System Haltungsform entsprechende Duftmarken setzen zu wollen. So ist derzeit in den Haltungsformstufen 1 und 2  noch enthalten, dass die Haltung in Laufställen ein Tier-Liegeplatz-Verhältnis von 1:1 aufzuweisen hat. Im Standard QM-Milch 2020 gilt bekanntlich noch eine etwas variablere, aber gleichzeitig für den Tierschutz noch vertretbare Variante. Eine von so manchem Betrieb anscheinend immer noch praktizierte grenzwertige Überbelegung wird heute schon, obwohl kein K.-o.-Kriterium, aus Tierschutzgründen von den Zertifizierungsstellen nicht mehr akzeptiert. Das Tier-Liegeplatz-Verhältnis wird eines der Kriterien sein, bei dem es zukünftig im Zusammenhang mit der Haltungsform in Laufställen kaum noch Toleranz geben wird.

Dr. Hans-Jürgen Seufferlein / VMB

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