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Fresenius-Fachtagung „Technologie und Abfüllung sensibler Getränke“

Datum: 2018-11-12 10:00:00Quelle: Akademie Fresenius

Die 16. Fachtagung „Technologie und Abfüllung sensibler Getränke“ der Akademie Fresenius am 23. und 24. Oktober in Wiesbaden bot eine umfassende Bestandsaufnahme der Gegenwart und Zukunft des Getränkemarktes. Wirtschaftlich sehen sich die Brunnen und Abfüller dem Innovationsdruck eines stagnierenden Marktes ausgesetzt. Dazu gesellen sich Probleme durch Fachkräftemangel und Herausforderungen durch Digitalisierung. Steigendes Misstrauen der Verbraucher und der gesellschaftliche Hang zur Skandalisierung machen die Arbeit für Qualitätssicherung und Kommunikation auch nicht leichter. Ganz aktuell hält die Diskussion um Mikroplastik im Mineralwasser die Branche in Atem. Zu all diesen Themen hatte die Akademie Fresenius hochrangige Experten aus Industrie und Forschung gewinnen können.

Die Getränkebranche steht unter doppeltem Druck: Probleme bereitet einerseits der Fachkräftemangel. Andererseits üben betriebliche Struktur- und Kostenanpassungen sowie die fortschreitende Automatisierung Druck auf die Beschäftigung aus. Das ergeben aktuelle Zahlen einer Studie, die das Unternehmen WMP Consult für die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung durchgeführt hat. Der Berater Stefan Stracke stellte die Studienergebnisse auf der Fresenius-Fachtagung vor.

AFG-Markt bleibt regional geprägt, Konsolidierungswelle nicht in Sicht

Der Markt für alkoholfreie Getränke (AFG) ist in Deutschland weitgehend gesättigt. Seit den 90er Jahren haben die Deutschen immer mehr Freude an alkoholfreien Getränken entwickelt. Lag der Pro-Kopf-Verbrauch 1990 noch bei 210 Litern, so trank der Deutsche im Jahr 2016 im Durchschnitt (inklusive Saftvarianten) 300 Liter pro Jahr. Aber seit 2011 stagniert diese Zahl. Damit wird der AFG-Markt zum Verdrängungswettbewerb, in dem der Zuwachs eines Segmentes stets zu Lasten eines anderen geht: Wässer konnten in den vergangenen Jahren starke Zuwächse verzeichnen, dafür sind Limonaden rückläufig. Der intensive Wettbewerb und die starke Marktposition des LEH haben zu einem hohen Preis- und Kostendruck für die gesamte Branche geführt.

Für die Zukunft sieht Stracke wenig Veränderungen. Der Markt bleibe weiterhin durch viele lokale und regionale Anbieter geprägt. Er rechnet in den nächsten Jahren nicht mit einer Konsolidierung, die zu einer sinkenden Zahl von Wettbewerbern führen könnte.

Deutsche Getränkelogistik nimmt Sonderstellung im Vergleich zu internationalen Märkten ein

Der Markt bleibt lokal und regional geprägt. Diese Struktur verleiht dem deutschen Getränkemarkt eine Sonderstellung in Europa. So setzen deutsche Brunnen und Abfüller auch in Logistik- und Infrastrukturfragen andere Prioritäten als ihre Pendants in anderen Ländern. Das hat der Logistikexperte Klaus-Peter Jung von Miebach Consulting (Frankfurt am Main) in einem Vergleich festgestellt: „Deutsche Unternehmen der Getränkeindustrie stehen vor allen Dingen vor der Herausforderung einer Verbreiterung des Sortiments durch die Zunahme der Artikelvielfalt und sehen dies als Haupttreiber ihrer Logistikprojekte. International hingegen werden Unternehmenswachstum und Übernahmen als die wichtigsten Treiber für Logistikprojekte identifiziert.“

Wie Mikroplastik ins Mineralwasser kommt

Mikroplastik ist wortwörtlich in aller Munde. Das Vorkommen und die Vermeidung der Plastikpartikel, die mit bloßem Auge kaum zu erkennen sind, bewegt Forscher, Verbraucher und Getränkeabfüller. Vor allem seitdem eine Studie ermittelt hat, dass auch viele Mineralwässer Plastikpartikel enthalten. Die Ergebnisse dieser Untersuchung, die im Rahmen einer Doktorarbeit angefertigt wurde, erregte in diesem Jahr großes Aufsehen in der Presse und unter Getränkeherstellern. In jeder Probe waren zumindest einige Kunststoff-Partikel enthalten. Die meisten Partikel waren in Kunststoff-Mehrwegflaschen zu finden. Aber auch in Einwegflaschen, Getränkekartons und Glasflaschen wurden Mikroplastikpartikel festgestellt. Darena Schymanski, Doktorandin der Lebensmittelchemie, hat die Studie im Rahmen ihrer Promotion an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster durchgeführt. Sie diskutierte das Mikroplastik-Problem mit den Kongressteilnehmern. Sie betonte, dass Mikroplastik über viele Wege in ein Getränk gelangen kann. So könnten Mikroplastikpartikel zum Beispiel im Laufe des Abfüllungs- und Herstellungsprozesses oder durch Migration aus der Verpackung in das Mineralwasser gelangen. Das sei ein anderes Problem als die Verschmutzung mit potenziell kontaminierten Plastikpartikeln, die aus der Umwelt stammen. Bisher gebe es keine Hinweise auf einen Transport von Mikroplastik ins Grund- oder Mineralwasser.

Gefragt: Abgestimmte Verfahren zur Analyse von Mikroplastik und umfassende Risikobewertung

Schymanski rief die Getränkeindustrie auf, die Bemühungen zur Risikobewertung zu verstärken. So müssten standardisierte Methoden zur schnelleren Mikroplastik-Analytik entwickelt werden. Von diesem Standard sind Industrie, Forschung und Politik aber noch weit entfernt. Das bestätigte auch Gerald Dallmann vom SGS Institut Fresenius Dresden. Bis heute könne kein Analyseverfahren allein alle Fragestellungen beantworten. Deshalb sei man auf die Kombination verschiedener Verfahren angewiesen: Lichtmikroskopie, Infrarotmikroskopie, Raman-Spektroskopie und andere. Das mache aber die Projekte extrem aufwendig. „Es gibt noch keine abgestimmten Methodiken, Grenzwerte und Normen“, so Gerald Dallmann: „Aber es gibt Kooperationsbeziehungen, um daran zu arbeiten.“

Mathematische Modelle statt langer Tests: Schnelle Aussagen zur Haltbarkeit

Haltbarkeit ist eine der wichtigsten Kennzahlen für Lebensmittel und Getränke. Je genauer die Verderbsmechanismen eines Produktes bekannt sind, umso besser lässt sich die Verpackung auf das Lebensmittel oder das Getränk anpassen. Astrid Pant vom Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (Freising) stellte die Shelf Life Simulation vor. Mit dieser Methode lässt sich die Haltbarkeit eines verpackten Produktes vorhersagen und bereits bei der Entwicklung das Material an die jeweiligen Anforderungen anpassen. Mathematische Modelle bieten schnelle Aussagen zur untersuchten Verpackung. Statistische Methoden sichern die Vertrauenswürdigkeit dieser Prognosen ab. Für die Simulation berücksichtigen die Experten vom Fraunhofer-Institut Daten aus verschiedenen Prozessen wie Veränderung der intrinsischen Qualitätseigenschaften wie Geschmack und Geruch, mikrobiologische Prozesse im Lebensmittel, Prozessabläufe im Kopfraum der Verpackung und charakteristische Materialeigenschaften der Verpackung.

Pulsed Light: Verschmutzungen wegblitzen

Dirk-C. Leyer, Geschäftsführer des Prozesstechnologie-Anbieters Jürgen Löhrke (Lübeck) sieht in dem neuen „Pulsed Light“-Verfahren eine gute Alternative zur Desinfektion mit Peressigsäurebädern. Die Peressigsäure-Desinfektion sei nicht nur teuer, sondern auch aufwändig. Da die Säure nicht trinkwasserkonform ist, müssten alle Flaschen und Verschlüsse nach der Desinfektion sorgfältig ausgespült werden. Hinzu komme, dass die Säure in hohen Konzentrationen angewendet werden müsse. Die Lagerung größerer Mengen sei zu gefährlich und teilweise nicht erlaubt.

Das modernere „Pulsed Light“-Verfahren kennt eine Menge dieser Probleme und Anforderungen von Haus aus nicht. Bei diesem Verfahren entlädt sich ein mit 3000 Volt geladener Kondensator in einem Lichtbogen eines Pulses von 300 Mikrosekunden. Dieser Blitz ist etwa 20.000 Mal so stark wie die Sonnenstrahlung und führt zur vollständigen und dauerhaften Abtötung von Mikroorganismen. Die entstehenden UV-Strahlen töten Makromoleküle ab (DNA, Struktur- und Stoffwechselproteine, Enzyme). Nachdem das Verfahren bereits für Flaschenmündungen in der Getränkeindustrie Anwendung gefunden hat, wird nun auch die Anwendung für Aluminiumdeckel und Kunststoff-Flaschen getestet.

Die Tagungsunterlagen mit den Skripten aller Vorträge der Fresenius- Konferenz können zum Preis von 295,- EUR zzgl. MwSt. bei der Umweltakademie Fresenius bezogen werden.

Moproweb / moproweb

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