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Tierwohl: Frage der Haltung? Eine Frage der Zeit!

Datum: 09.07.2021Quelle: VMB

Kommentar des VMB zum aktuellen Thema

Jetzt wird es auch bei der Milch zunehmend unübersichtlich. Erst vor wenigen Tagen ist die neue Rohmilchgüteverordnung in Kraft getreten. Fast zeitgleich werden Überlegungen von nachgelagerter Seite und hier vor allem vom Lebensmitteleinzelhandel (LEH) formuliert, dass neben der Milchqualität zukünftig auch die Haltungsform der Milchkühe ein nicht unwesentliches Kriterium bei der Vermarktung von Milch und Milchprodukten sein wird.

Nicht überraschend war die jüngste Ankündigung der Initiative Tierwohl (ITW), ab kommendem Jahr 2022 die Kennzeichnung der Haltungsform auch auf Milch und Milchprodukte auszudehnen. Alle Einzelunternehmen des LEH, die sich an der ITW beteiligen, werden also die aus dem Fleischbereich bereits bekannte vierstufige Haltungsform auch bei der Milch ausloben. Darüber wurde bereits in den vergangenen zwölf Monaten vom VMB berichtet. In Arbeitsgruppen der gesamten Wertschöpfungskette wurde über zusätzliche Kriterien gerungen, sofern diese nicht bereits in bestehenden Systemen und Standards Anwendung finden.

Von besonderem Interesse für die Milcherzeuger werden dabei die Haltungsformstufen 1 und 2 sein, weil diese derzeit noch die weitaus größte Milchmenge abbilden, vor allem in Bayern. Um es einfach auszudrücken, und das war auch die unmissverständliche Forderung der Erzeugerseite: Der derzeit, erst seit dem 1. Januar 2020  gültige Standard QM-Milch 2020, soll in die Haltungsformkennzeichnung Stufe 1 einsortiert werden. Im Standard QM-Milch ist die ganzjährige Anbindehaltung nach wie vor Bestandteil des Kriterienkatalogs. Das neben den Basiskriterien aus dem Standard QM-Milch 2020 mit zusätzlichen Kriterien versehene Zusatzmodul „QM Tierwohl“ stellt dann die Grundlage für die Einsortierung in Haltungsformstufe 2 dar. Hier soll neben der Milch aus Laufstallhaltung auch die Milch aus der bekannten Definition der Kombihaltung Eingang finden, also 120 Tage Bewegung in Form von Laufhof und/oder Weide mit einer Mindestdauer von 2 Stunden/Tag. Auch die Trockensteher- und Abkalbebucht wird auf die “Bewegungszeiten” angerechnet. Der Platzbedarf je Tier bzw. je Gruppe ist ebenso definiert. Weitere Kriterien, die für Fleisch und Milch gleichermaßen gelten, wurden in den zurückliegenden Monaten nach intensiver Abstimmung zu einem weitgehenden Konsens geführt. Offen und strittig sind nach wie vor die Finanzierungskonzepte und Finanzierungssätze für die zusätzlichen Kriterien.

Bei der Frage der Haltung sind die Bereiche Milch und Fleisch nicht mehr zu trennen, wird doch jede Milchkuh irgendwann als Schlachtkuh zu Rindfleisch. Deshalb hat die Ankündigung von Aldi, bis 2030 bei Frischfleisch aller Gattungen schrittweise aus den Haltungsstufen 1 und 2 aussteigen zu wollen, schon auch etwas mit der Milch zu tun! Denn Vorsicht ist auf jeden Fall jetzt schon angebracht, wenn man die mit dieser Ankündigung verwendete Rhetorik als Maßstab nimmt: Man wolle Schritt für Schritt „Billigfleisch“ aus dem Kühlregal eliminieren. Qualitativ hochwertigstes Fleisch, das man selbst erst mit Listung vor knapp 20 Jahren so billig gemacht hat. Und die Alarmglocken der Milchbranche sollten vor allem bei der Ankündigung läuten, bis 2025 bereits völlig auf Ware der Haltungsstufe 1 verzichten zu wollen. Übertragen auf die Milch könnte dies bedeuten: Keine Milch mehr aus ganzjähriger Anbindehaltung für Milch und Milchprodukte in den Eigenmarken des Handels. Eigenmarken werden nur noch als Haltungsform 2 ausgelobt. Dass in dieser Frage wieder einmal ein Unterbietungswettbewerb des Handels auf dem Rücken der Erzeuger droht, ist zu befürchten.

 

Foto: Arla Foods

Roland Sossna / moproweb

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