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Erholung in der Ernährungsindustrie bleibt aus

Datum: 14.09.2021Quelle: BVE

Die Halbjahresbilanz der deutschen Ernährungsindustrie fällt schlechter aus, als erwartet. Nach der Stagnation in 2020 erwirtschaftete die Branche zwischen Januar und Juni 2021 insgesamt 89,1 Milliarden Euro und war mit Umsatzeinbußen von -3,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum konfrontiert. Die von den Herstellern erwartete Erholung nach dem Corona-Jahr 2020 bleibt damit aus. Die Entwicklung im In-und Ausland zeigten hierbei ein gespaltenes Bild. Der Inlandsumsatz betrug insgesamt 58,1 Milliarden Euro und lag damit -5,6 Prozent unter dem Vorjahresergebnis. Die steigende Mehrwertsteuer und Inflation spiegelte sich nicht in den Verkaufspreisen der Lebensmittelhersteller wieder, diese sanken um -0,3 Prozent. Damit sank der Absatz um insgesamt -5,3 Prozent.
Die Corona-bedingten Einschränkungen im Außer-Haus-Markt und eine gesunkene Inlandsnachfrage – insbesondere zum Jahresbeginn 2021 – gaben den Unternehmen nur wenig Anreiz, ihre Produktion auszuweiten. So stieg der kalender- und saisonbereinigte Produktionsindex im ersten Halbjahr 2021 moderat um 0,6 Prozent im Vorjahresvergleich, lag mit -5 Prozent jedoch deutlich unter dem Vorkrisenniveau des ersten Halbjahres 2019.

“Wir sind dabei, die Pandemie in den Griff bekommen – jetzt muss Deutschland als Standort für die Lebensmittelproduktion wieder fit gemacht werden”, fordert Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer der BVE, “statt neuer Hemmnisse und zusätzlicher Kosten brauchen die Unternehmen jetzt die Möglichkeit zu Wertschöpfung und Konsolidierung. Unsere Branche benötigt Wachstumsimpulse für einen kraftvollen Neustart. Das sind die Voraussetzungen, damit wir in neue Technologien und mehr Nachhaltigkeit investieren, um am Standort Deutschland langfristig profitabel zu produzieren.”

Zwar entwickelte sich das Exportgeschäft im vergangenen Halbjahr positiv, konnte die Verluste aus dem Inland jedoch nicht ausgleichen. Insgesamt wurden im Ausland 31 Milliarden Euro erwirtschaftet, ein Plus von 1,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das Wachstum ist dabei auf einen gestiegenen Absatz zurückzuführen. Gesteigert hat sich mit 34,8 Prozent auch die Exportquote und damit die Bedeutung des Exports für die Sicherung der knappen Ertragslage. Das bei weitem nicht das gesamte Potential des Auslandsgeschäftes ausgeschöpft werden kann, zeigt der Blick auf die Entwicklung der Drittlandsexporte. Hier blieb vor allem das Geschäft mit dem Vereinigten Königreich (-17,6%) und der Volksrepublik China (-52,7%) deutlich hinter den Möglichkeiten zurück.

Steigende Kosten belasten Hersteller
Auf der Kostenseite spielten für die Unternehmen die Agrarrohstoffpreise eine wesentliche Rolle. Im bisherigen Jahresverlauf sah sich die deutsche Ernährungsindustrie mit einem deutlichen Anstieg der Rohstoffpreise konfrontiert. Insgesamt stieg der HWWI-Rohstoffpreisindex für Nahrungs- und Genussmittel im ersten Halbjahr 2021 um 27,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Ursächlich hierfür waren vor allem ungünstige Wetterbedingungen in den Ernteregionen, insbesondere auf den Märkten für Getreide und Pflanzenöle. Auf den Märkten für Pflanzenöle kam es bei Soja, Palm- und Sonnenblumenöl zu Preissteigerungen, ausgelöst durch unerwartet niedrige Ernteerträge. Auf dem Getreidemarkt sorgte eine Phase anhaltender Trockenheit in Nordamerika sowie starker Regenfälle in Europa zu verringerten Ernteerwartungen. Aber auch die Corona-Pandemie führt nach wie vor zu vorübergehenden Angebotsverknappungen.

Pandemieverlauf und politische Entscheidungen beeinflussen Wachstumsprognosen
Der Blick nach vorne ist vor allem von großer Unsicherheit geprägt, ein notwendiger positiver Wachstumstrend ist eng an den weiteren Pandemieverlauf in der zweiten Jahreshälfte geknüpft. Die Hersteller zeigen sich im ifo-Geschäftsklimaindex der Branche verhalten-optimistisch, was ihre Erwartungen an die Geschäftsentwicklung für die nächsten sechs Monate betrifft. Gestützt wird diese Einschätzung durch stabile Erwartungen an die Verkaufspreise-entwicklung und das Exportgeschäft. Die Beurteilung des Auftragsbestandes wurde hingegen mehrheitlich negativ eingeschätzt und die Unternehmen beklagten auch wieder verstärkt Produktionsbehinderungen. Neben einem Arbeits- und Fachkräftemangel wurde Materialknappheit als eine wesentliche Beeinträchtigung in der Produktion genannt. Die ursprünglich für 2022 erwartete Rückkehr auf das Vorkrisenniveau könnte demnach noch weiter auf sich warten lassen. Die richtigen Impulse für nachhaltiges Wachstum schienen selten notwendiger als jetzt.

Inwiefern die Branche im zweiten Halbjahr 2021 eine Trendwende schaffen und wieder wachsen kann hängt neben dem weiteren Pandemieverlauf auch wesentlich von politischen Entscheidungen insbesondere mit Blick auf die Klimapolitik aber auch Außenwirtschaftspolitik ab. Nach dem Austritt des Vereinten Königreichs aus der Europäischen Union bedarf es einer schnellen Normalisierung der Handelsbeziehung. Darüber hinaus werden die politischen Weichenstellungen in Deutschland nach der Bundestagswahl die Produktions- und Investitionsentscheidungen der Unternehmen wesentlich prägen. Die Wende hin zu nachhaltigeren Ernährungssystemen kann nur mit einem starken Bekenntnis zum Produktionsstandort Deutschland gelingen.

Für die Nachfrageentwicklung wird das Konsumverhalten maßgeblich sein. Jedoch dominieren auch auf Verbraucherseite Unsicherheiten hinsichtlich der konjunkturellen Entwicklung. Das Konsumklima in Deutschland lag im ersten Halbjahr 2021 durchgängig im negativen Bereich und zeigt nur langsam Erholungstendenzen.

“Der Lebensmittelmarkt ist ein Nachfragemarkt, deshalb funktioniert eine nachhaltige Trendwende nur, wenn die Verbraucher einbezogen werden”, sagt Christoph Minhoff. “Es braucht marktwirtschaftliche Anreize für nachhaltigen Konsum. Dagegen verzerren Gängelei und Verbote den Wettbewerb und konterkarieren langfristig tragfähige Lösungen!”

Anja Hoffrichter / moproweb

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